Eine cineastische weltreise

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Ab 9. Juni lockt das "Internationale Filmfestival Innsbruck" mit 80 Stunden Film in 15 verschiedenen Sprachen. "Der rote Punkt" und "Teza" gelten als Highlights.

Evelin Stark und Helmut Groschup wickeln gerade wieder ein Mammutprogramm ab, startet doch am 9. Juni das "Internationale Filmfestival Innsbruck" (IFFI) zum 18. Mal mit einem breit gefächerten Programm und einer Schar illustrer Gäste. Das bedeutet 80 Stunden Film in 15 verschiedenen Sprachen - 34 Länder aus vier Kontinenten sind mit 71 Filmen vertreten. Die internationale Jury ist mit der Schweizer Filmproduzentin Franziska Reck, dem Regisseur S. Pierre Yameogo aus Ouagadougou und dem mexikanischen Filmemacher Juan F. Urrusti spannend besetzt.

Bereits der Eröffnungsfilm ist eine österreichische Erstaufführung. In der deutsch-japanischen Koproduktion "Der rote Punkt" geht es um Fremdheit und Verlorensein. Die in Tokio lebende Studentin Aki hat früh ihre Eltern bei einem Autounfall in Deutschland verloren und begibt sich 18 Jahre später auf eine bewegende Spurensuche. Für Regisseurin Marie Miyayama ist wichtig, die kulturellen Unterschiede zu zeigen. Sie zelebriert diese Divergenzen sehr feinfühlig. Aki findet ihre Vergangenheit und erlöst am Ende die Seelen ihrer Eltern in einem japanischen Todesritual, in dem auch sie selbst so etwas wie Familienglückseligkeit erlebt. Stilsicher, unaufgeregt und doch voller Emotionen.

Ebenfalls im Wettbewerb - und mit ähnlichem Schwerpunkt - ist der äthiopische Film "Teza" von Haile Gerima, der mit sparsamen Mitteln produziert wurde und vor dem Hintergrund der äthiopischen Geschichte spielt. Protagonist Auberber hat in Deutschland Medizin studiert, ist dort mit der progressiven politischen Szene in Kontakt gekommen und betrachtet nach seiner Rückkehr die Geschehnisse in seiner Heimat mit Unverständnis und einer gewissen Arroganz.

Hoffnung und Desillusionierung

Gerima rollt über die Historie Äthiopiens, aber auch über die Geschichte eines Einzelnen eine Story auf, die von Hoffnung und Desillusionierung, von Fremdsein und von Heimat erzählt. "Teza" dürfte eines der Highlights des Festivals sein, hat der Streifen doch bereits den Preis "Goldener Hengst" beim Festival in Ouagadougou eingeheimst; außerdem wird sein Produzent, Solomon Bekele, in Innsbruck erwartet - schön für das Publikum. Haile Gerima ist zudem mit seinem frühen Streifen "Harvest: 3000 Years" vertreten, der seinerzeit von Martin Scorsese produziert wurde und mit Musik von Gato Barbieri besticht.

Um die Bandbreite des Festivals aufzuzeigen, sei auf "Le Vent d'Est" aus dem Jahr 1970 hingewiesen, Regie: Jean-Luc Godard und die Gruppe Dziga Vertov, nach einem Drehbuchentwurf von Daniel Cohn-Bendit. Der 16-mm-Streifen sollte kein politischer Film sein, man wollte vielmehr "Filme politisch machen", so Godard, und er startete einen Angriff auf das bürgerliche Konzept von traditionellem Kino. Formal und inhaltlich blieb es ein Versuch. In diese Richtung geht auch der 2005 von der Cinemateca di Bologna restaurierte Film "Appunti per un Orestiade Africana" (1970) von Pier Paolo Pasolini. Pasolini machte in Uganda und Tansania Probeaufnahmen für eine moderne Fassung von Aischylos und machte daraus die Vorstudien zu einem Film, der letztlich nie gedreht wurde.

Große Filmmeister

Die großen Meister aus aller Welt sind erstmals im Festivalprogramm - neben Pasolini und Godard finden sich auch Rocha, Kiarostami, M'Bala oder Gopolakrishnan - und reihen sich ganz wunderbar neben noch unbekannte Namen und Erstlingswerke. Ein provokantes Beispiel ist Melanie Hollaus mit ihrem Erstling "New Kaisertal City", einer köstlichen Satire auf die Integration von Immigranten im heiligen Land Tirol. "Ein absoluter Anti-Andreas-Hofer-Jahr-Film", so Groschup. In losen Szenen wird, ausgehend vom Bau einer utopischen Metropole im tatsächlich erst 2008 verkehrstechnisch erschlossenen Kaisertal, das ganze Land regelrecht auseinandergenommen und neu zusammengesetzt, wobei Hollaus ein permanentes Spannungsfeld zwischen Kitsch, Exotik, Heimat und Fremdsein erzeugt. Aspekte, die den Kreis des diesjährigen Festivals zum Eröffnungsfilm schließen.

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