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Der belgische Konzeptkünstler Wim Delvoye hatte vor ein paar Jahren eine blendende Idee: Er kaufte ein paar Schweine, betäubte sie und ätzte ihnen exquisite Tätowierungen in die rosige Haut. Darum hört man es in den europäischen Villenvierteln neuerdings so wohlig grunzen, gehören die ulkigen Schweinderl inzwischen doch zur Standardausrüstung, über die verfügen muss, wer als echter Connaisseur moderner Gartenkunst überhaupt mitreden möchte. Das tätowierte Schwein kostet 150.000 Euro das Stück, und der Absatz ist reißend, sodass sich Delvoye, als er Schwierigkeiten mit dem europäischen Tierschutz bekam, eine Schweinefarm in China zulegte.

Da die Sache mit den Schweinen wie von selber läuft, hat Delvoye seine Produktpalette im Sommer erweitert. In einem aufwendigen Verfahren tätowierte er auf den Rücken, den ihm ein 35-jähriger Schweizer dafür aus freien Stücken zur Verfügung stellte, eine Gottesmutter Maria und einen Totenschädel. Über die Züricher Galerie de Pury wurde die Tätowierung an einen deutschen Sammler verkauft, der damit das Recht erwarb, dem Mann, der seine Haut zu Markte trägt, diese nach dem Tod abzuziehen, um sich so das Kunstwerk, für das er schließlich bezahlt hat, über den Tod des Kunst-Trägers hinaus zu sichern. Bis es so weit ist, darf der Besitzer sein originellstes Sammelstück drei Mal im Jahr in Galerien oder Museen ausstellen, sofern er für den Transport des Kunstobjekts, also die Reisekosten des trefflichen Schweizers aufkommt. Den Preis, erstaunlicherweise exakt die 150.000 Euro, die auch für Schweine gelten, teilen sich brüderlich der Künstler, der Tätowierte, die Galerie.

Mit seinen Tätowierungen von Schwein und Mensch möchte Delvoye beinhart, nein: porentief, gegen … gegen die Kommerzialisierung der Kunst protestieren. Gottseidank ist er Belgier; wäre er Österreicher, hätte er es bestimmt getan, um den Faschismus anzuprangern.

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