Eine Lulu, die kalt läßt

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Salzburg: Elisabethbühne wagte sich an Wedekinds "Lulu".

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Salzburg: Elisabethbühne wagte sich an Wedekinds "Lulu".

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Nach einem doch sehr spektakulären Entree der Spielzeit 1999/2000 mit Ester Vilars "EiferSucht" und Rostands "Cyrano de Bergerac" mit Harald Fröhlich in der Titelrolle hat die Salzburger Elisabethbühne sich an Frank Wedekinds "Lulu", der Zusammenfassung von "Erdgeist" und der "Büchse der Pandora" an ein Monsterdrama herangewagt. Herangewagt deshalb, da bei der Realisierung dieses für heute kaum anstößigen Dramas allein vom Stil her - die beiden Stücke sind dem Expressionismus zuzuordnen - sich etliche gefährliche Bruchlinien auftun: Einmal in Gestaltung und Führung der Lulu, die als Kindweib die Männer so rätselhaft bindet, daß nur mehr deren Tod das Verhältnis zu lösen vermag. Hier sind von der Lulu Erotik und Verführungskunst einzufordern; die Verführung steht im Text, die kindlich-naive Erotik hat von der Schauspielerin zu kommen. Da hat Regisseur Robert Pienz der Lulu von Katrin Schurich zu wenig Zwischentöne abgefordert. Lulu läßt kalt, wiewohl sie schicksalhaft getrieben erscheint. Zum anderen ist zu fragen, ob denn heute ein Stück dieses Genres und dieser Größe noch Interesse verursachen kann, das über eine theaterhistorisch interessante Aufführung hinausreicht. Denn gegen eine verstaubte, ja verknöcherte Moral braucht das Stück wahrlich nicht mehr anzurennen. In diesen beiden genannten Fußangeln ist Pienz mit seinem Ensemble hängen geblieben.

Zu den erfreulichen Besetzungen dieser vier Stunden dauernden Aufführung zählen Georg Reiter (Schön), Herbert Berger (Goll) und Marcus Marotte (Schigolch) sowie Christoph Kail (Alwa) und Michael Smulik (Porträtist Schwarz), die vor allem das Schillernde und Überdrehte ihrer Figuren deutlich markierten. Es gab ausnahmsweise nicht die üblich ungeteilte Zustimmung.

Zustimmung hingegen zum "Grauen Engel", einem Monolog zu zweit von Moritz Rinke. Marlene Dietrich liegt alt und krank und isoliert zu Bett. Ihr (stummer) Partner Konstantin hat das alltäglich befohlene Ritual auszuführen: Peter Arp hat sich als Regisseur des eher experimentellen Textes angenommen, Volker Wahl gab den grauen Engel, Michael Schefts den Konstantin.

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