Eine Reform, die zu kurz greift

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Wer jahrelang die Debatten rund um die energiepolitischen Entscheidungen verfolgt hat, ist erstaunt, über das, was sich jetzt in der europäischen E-Wirtschaft ereignet. Man erinnere sich zurück an die beinahe schon jahrzehntelang hin- und herwogende Argumentation, ob es Sinn mache, erneuerbare Energieträger im großen Stil einzusetzen. Theoretisch ja, hieß es, aber ökonomisch sei es nicht durchzuhalten. Biomasse, Windkraft, Sonnenenergie, all das rechne sich nun einmal nicht. Man müsse den Gegebenheiten Rechnung tragen.

Zu den Selbstverständlichkeiten, an denen man nicht rütteln durfte, gehörte auch die Struktur der Stromversorgung: verfassungsgesetzlich geregelt, wie ein Fels in der Brandung. Sie bildete den unbefragten Hintergrund vieler Investitionsentscheidungen (siehe Interview).

Wie rasch sich das scheinbar unangreifbare Kalkül als Fehlspekulation erweisen kann, erkennt man in der jetzigen Situation. Kaum ändern sich die Rahmenbedingungen, sind auf Zehntelprozent errechnete Rentabilitäten zu Artifakten geworden. Noch nicht fertiggestellte Kraftwerke, wie das Donaukraftwerk Freudenau, werden durch die Liberalisierung der Strömmärkte einfach zu "stranded investment", weitgehend verlorenen Investitionen.

Zugegeben, gegen die Entscheidung zum Bau dieses Kraftwerks gab es schon bei ihrem Zustandekommen viel einzuwenden. Aber gegen all diese Bedenken ließ sich auch - mit einer gewissen Berechtigung - unter Berufung auf die damaligen Gegebenheiten argumentieren.

Innerhalb weniger Jahre hat sich nun das Umfeld der Elektrizitätserzeugung radikal geändert. Imperien bangen nun um ihre Zukunft. Unternehmen, die bislang den Lauf der Dinge bestimmten, müssen sich tiefgreifenden Änderungen unterziehen, nach neuen Strategien ausschauen. Für Unternehmen eigentlich nichts Ungewöhnliches.

Bleibt eine Frage offen: Wäre diese Kur, die der europäischen E-Wirtschaft verordnet wird, nicht eine Gelegenheit, sie gleich auf eine ökologisch verträgliche Stromerzeugung auszurichten? Ist es nicht ein Wahnsinn, daß unter den neuen Bedingungen Österreichs Wasserkraftwerke zu "gestrandeten" Investitionen erklärt werden müssen, während der Atomstrom, der weder wirtschaftlich noch ökologisch vertretbar ist, in Europa Triumphe feiern wird? Wenn schon Strukturwandel - offensichtlich läßt er sich ja verordnen -, dann aber überlebensträchtig und nicht nur nach den Interessen der vier bis sechs Mächtigen, die sich Europas Markt aufteilen werden.

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