Eine Sparkasse (nicht nur) für die Wiener

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Im jüngsten Band der "Enzyklopädie des Wiener Wissens" beschreibt der Historiker und Volkswirt Rudolf Bogensperger die Geschichte der Zentralsparkasse und arbeitet das Spezifische ihrer Geschäftspolitik innerhalb der österreichischen Bankenlandschaft heraus.

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Im jüngsten Band der "Enzyklopädie des Wiener Wissens" beschreibt der Historiker und Volkswirt Rudolf Bogensperger die Geschichte der Zentralsparkasse und arbeitet das Spezifische ihrer Geschäftspolitik innerhalb der österreichischen Bankenlandschaft heraus.

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Die sich drehende orange-weiße Kugel mit dem schwarzen Z ist vielen noch in lebendiger Erinnerung: das Logo der Zentralsparkasse, die später mit der Länderbank zur Bank Austria fusionierte, welche ihrerseits dann von der bayrischen Hypo-Vereinsbank übernommen werden sollte. Aber welche finanz-und gesellschaftspolitische Philosophie stand an der Wiege der Zentralsparkasse, was war das Spezifische ihrer Geschäftspolitik im Vergleich mit anderen Instituten und worauf gründete sich ihre Erfolgsgeschichte in der Zweiten Republik?

HUBERT CHRISTIAN EHALT: Was waren die Gründungsideen der Zentralsparkasse (Z)?

Rudolf Bogensperger: Breiten Bevölkerungsschichten sollte eine Möglichkeit zur sicheren Anlage ihrer Ersparnisse geboten werden. Hausbesitzer und Gewerbetreibende als Kernklientel der Christlichsozialen sollten möglichst günstige Kredite erhalten. Ein Spannungsfeld ergab sich daraus, dass die Z gleichzeitig den Sparern attraktive Zinssätze bieten sollte. Dieser Spagat konnte nur realisiert werden, weil die Stadt Wien die Haftung für die Spareinlagen übernahm.

EHALT: Was unterscheidet die Geschichte der Zentralsparkasse von der Geschichte ähnlicher Institutionen?

Bogensperger: Die besondere Stellung der Zentralsparkasse ergab sich daraus, dass sie seit einer schleichenden Umfärbung im Lauf der 1920er Jahre eine Bastion des "Roten Wien" im eher konservativ geprägten Finanzsektor war. Sehr viele Projekte des "Roten Wien" wurden von der Zentralsparkasse finanziert oder durch Spenden unterstützt. Gerade die Wiener Wohnbaupolitik wurde durch die Z maßgeblich mitgeprägt. Manche SPÖ-Politiker, wie etwa Franz Olah, haben sich bewusst um ein gutes Verhältnis zur Zentralsparkasse bemüht, weil die Z auch politisch heikle Projekte finanzieren konnte, wie etwa die Gründung der Kronenzeitung. Die Zentralsparkasse hat außerdem seit der zweiten Hälfte der 1950er Jahre als erstes österreichisches Kreditinstitut moderne Kunst und Kultur massiv gefördert. Dieses Engagement war gerade zu Beginn durchaus umstritten, wurde aber konsequent verfolgt. In den 1970er Jahren wurde mit der orangen Kugel ein einprägsames Symbol dieser Synthese von Modernität und Zukunftsoptimismus geschaffen.

EHALT: Was waren die Gründe für den Erfolg der Zentralsparkasse in der Zweiten Republik?

Bogensperger: Der wirtschaftliche Aufschwung hat dazu geführt, dass die Menschen in etwa seit 1955 viel mehr sparen konnten und auch gespart haben als früher. Zur Symbolfigur dafür wurde der in der Werbung der Zentralsparkasse jahrzehntelang verwendete Sparefroh. Außerdem hat die Z die bargeldlose Auszahlung von Löhnen und Gehältern in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien sehr gefördert. Sehr viele Wiener hatten deshalb dort ihr erstes Konto. Auch das gute Verhältnis zur Politik hat eine Rolle gespielt. Die Regierung von Kanzler Bruno Kreisky beispielsweise hat sich in den 1970er Jahren entschlossen, ein staatlich gefördertes Prämiensparen einzuführen, das den Kunden mit der staatlichen Förderung heute unvorstellbare zehn Prozent Zinsen pro Jahr garantiert hat.

EHALT: Welche Ursachen hatte der Zusammenschluss von Zentralsparkasse und Länderbank zur Bank Austria?

Bogensperger: Die neue größere Bank sollte effizienter und kostengünstiger strukturiert sein, um im verschärften Wettbewerb der Kreditinstitute bestehen zu können. Das ist im Großen und Ganzen auch gelungen. Im Nachhinein kann man sagen, dass die Fusion von Z und Länderbank nur der Auftakt für eine Reihe weiterer Fusionen war. Die Erfahrungen aus der Fusion von Zentralsparkasse und Länderbank sind beim Zusammenschluss von Bank Austria und Creditanstalt berücksichtigt worden. Manche Themen hat man bei der BA-CA-Fusion bewusst anders gelöst als bei der Entstehung der Bank Austria.

EHALT: Wie wirkte sich die Übernahme der Bank Austria durch die Hypo-Vereinsbank (HVB) aus?

Bogensperger: Die Stadt Wien übernahm keine weiteren Haftungen mehr für Verbindlichkeiten der Bank Austria. Zum Zeitpunkt der Übernahme der Bank Austria durch die HVB hatte die Stadt Wien etwa 120 Milliarden Euro an Haftungen für die BA übernommen. Das war weit mehr als das Doppelte des Höchststandes der Haftungen des Landes Kärnten für die Hypo-Alpe-Adria. Der Großteil dieser Haftungen ist nach der Übernahme innerhalb weniger Jahre ausgelaufen. Außerdem erhielt die Bank Austria innerhalb des HVB-Konzerns die alleinige Zuständigkeit für das sehr profitable Geschäft in Zentral-und Osteuropa.

Die Serie "Enzyklopädie des Wiener Wissens" erscheint in Kooperation mit den Wiener Vorlesungen. www.wienervorlesungen.at

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