Eine veritable Wiederentdeckung

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"Mara“, die einst gefeierte Oper von Josef Netzer, ist mehr als 170 Jahre nach ihrer Wiener Uraufführung am Tiroler Landestheater zu sehen.

In der Reihe "Opera Austria“ überrascht der Tiroler Landestheater-Intendant Johannes Reitmeier mit einer veritablen Wiederentdeckung. Der passionierte Repertoireschürfer ging der Oper "Mara“ des Frühromantikers Josef Netzer nach und wurde im Tiroler Landesmuseum, dessen Musiksammlung die autographe Partitur des Werkes birgt, fündig. Kein Geheimnis, aber bisher noch nicht klingend umgesetzt. Im Gegensatz zu Netzers vier Symphonien, mehreren Kammermusikwerken und Liedern, die als Einspielungen zugänglich sind.

Der Tiroler Josef Netzer, 1808 in Zams geboren, ausgebildet in Wien, 1864 in Graz gestorben, war ein bekannter Musiker, in Wien Kapellmeister und mit eigenen Werken, vor allem den Symphonien und "Mara“, gefeiert. Er war mit Franz Schubert befreundet, Metternich, Grillparzer und Meyerbeer empfahlen ihn folgenreich. Er wirkte auch in Mainz, an der Seite Lortzings in Leipzig und zuletzt in Graz. Dort machte sich der liberale Musiker mit der ersten österreichischen "Tannhäuser“-Aufführung des politisch verfolgten Wagner nicht nur Freunde.

Melodienreiche romantische Oper

Netzers Oper "Mara“, 1841 mit durchschlagendem Erfolg am Wiener Kärntnertortheater uraufgeführt, dann in Prag, Berlin, Leipzig, weiteren deutschen Städten und in Graz gespielt, atmet den Zeitgeist des Biedermeier und den romantischen Traum nach individueller Erfüllung. Da sich das Aufführungsmaterial aus der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht für die heutige Praxis eignet und voller Widersprüche ist, musste Dirigent Alexan-der Rumpf die Partitur neu erstellen - und entdeckte, ein Vierteljahrhundert vor Wagner, einen identen Tristan-Akkord. Rumpf zeigte sich zunehmend fasziniert, "dass es Netzer hier kompositorisch inspiriert und handwerklich eindrucksvoll gelingt, verschiedene Strömungen seiner Zeit zu verbinden, nämlich die deutsche Romantik eines Schubert, Mendelssohn und Weber mit der Italianità eines Donizetti und frühen Verdi. Dabei mutet das nicht etwa wie ein Stilmix an.“ Tatsächlich erweist sich "Mara“ als melodienreiche und effektvolle romantische Oper, über weite Strecken durchkomponiert mit anspruchsvollen Solopartien, großen Chorszenen und spannungsvollen Ensembles.

Chor und Orchester sind nun am Tiroler Landestheater voller Entdeckerfreuden. Netzer schreibt mit dramatischem Sinn, lyrischer Empfindung, profunder Instrumentationstechnik und dramaturgischem Geschick ein Werk, das trotz der Zeitgebundenheit mit seinem eigenen Tonfall überrascht. Das Libretto des oberösterreichischen Beamten und Schriftstellers Otto Prechtler jedoch verflacht von Akt zu Akt. Die Handlung erzählt von der hoffnungslosen Liebe der Zigeunerin Mara zu dem jungen Adeligen Manuel, der die reiche Ines heiraten soll. Mara wird von dem ihr sozial ebenbürtigen Torald begehrt. Mit gleicher Härte stellen sich Manuels Vater Cornaro und Torald gegen die Verbindung, Mara begeht Selbstmord.

Die eigene Welt der Zirkusleute

Regisseur Johannes Reitmeier hat aus Prechtlers "Zigeunerhorde“ ein trauriges, poetisches, auch aggressives Zirkusvolk am Rande der Gesellschaft gemacht und erzählt die Geschichte geradlinig, aber menschlich tiefer greifend als das Libretto, in Michael D. Zimmermanns hellen Bühnenbildern und den Projektionen des Fotografen Günther Egger. Grandios bizarr unterstreicht der Tiroler Westwood-Designer Gregor Pirouzi mit Elementen des Steampunk die eigene Welt der Zirkusleute. Die adelige Brautgesellschaft kleidet er bar jeder Individualität spanisch streng in Gold.

Jede der fünf Figuren hat ihre tragische Aura. Susann Hagel singt mit expansivem Sopran eine prachtvolle Mara, mit Manuel stellt sich der junge Roman Payer als stimmschöner Tenor vor, Armin Kolarczyk gewinnt als Torald seinem Bariton vielfarbige Charakterzüge ab. Susanna von der Burg erfüllt die Rolle der Braut mit heller Hoffnung, Marc Kugel Manuels Vater mit Autorität.

Mara - Tiroler Landestheater

8., 12., 19. Jänner, 1., 7. Februar, 19. März

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