„Eine wunderbare Insel des Geschichtenerzählens“

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Er wirkt ungemein dynamisch und energiegeladen! Er sprudelt nur so vor Ideen, kleidet sich gerne leger und trägt meist als Markenzeichen ein Baseballkäppi am Kopf: Josef Ernst Köpplinger, seit Herbst 2007 Intendant des Stadttheaters Klagenfurt. Und was das Wichtigste ist: JEK, wie er sich selber gerne abkürzt, brennt für das Theater: „Seit meinem sechsten Lebensjahr bin ich theaterbesessen. Theater ist für mich ein wunderbarer Ort des Geschichtenerzählens, eine kleine Insel, auf der eine spielerische Reflexion der Gesellschaft und eine emotionelle Reibung stattfinden.“

Und für diese Bretter, die die Welt bedeuten, kann der 46-Jährige eine umfassende Ausbildung aufweisen: Er studierte nicht nur Regie, Schauspiel, Gesang und Klavier an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien und am Max-Reinhardt-Seminar, sondern auch Musical an der Covent Garden Musical School London sowie an der Lee Strasburg School New York. Bevor es den gebürtigen Niederösterreicher nach Klagenfurt verschlug, wirkte er von 1999 bis 2003 als Intendant des Musical-Festivals auf Schloss Prugg sowie von 2004 bis 2007 als Schauspieldirektor in St. Gallen. Daneben inszenierte er Schauspiel, Musicals, Operetten und Opern in Wien (Volkstheater, Josefstadt und Volksoper, wo demnächst das Musical „Hello Dolly!“ in seiner Regie herauskommen wird), Salzburg, Graz, Berlin, Hamburg, Bochum, Straßburg, Manchester, Tokio u. v. m.

Das Stadt- als Landestheater

„Publikum, viel Publikum, denn ein Theater spielt für seine Zuschauer“, so lautet der wichtigste Geburtstagswunsch, der Köpplinger zum bevorstehenden Jubiläum des Stadttheaters Klagenfurt einfällt. Denn es war der 22. September 1910, als das Stadttheater Klagenfurt, zum 60-jährigen Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph 1908 geplant, eröffnet wurde. Nun feiert das wunderbare Jugendstilhaus des Architektenduos Fellner und Helmer seinen 100. Geburtstag. Da wird es neben einem großen, bunten Theaterfest am 12. September gleich zwei Uraufführungen geben. Die erste gilt einer komischen Oper von Luigi Cherubini mit dem Titel „Koukourgi“. Die nie vollendete, nie aufgeführte und verschollen geglaubte Partitur wurde erst vor wenigen Jahren in Krakau gefunden und vom Musikwissenschaftler Heiko Cullmann, der auch als Chefdramaturg am Stadttheater fungiert, bearbeitet. Dann wird das neue Schauspiel von Peter Turrini „Silvester oder alles wird anders“ in Klagenfurt das Licht der Bühnenwelt erblicken. Und es wird auch noch die österreichische Erstaufführung des Musicals „Miss Saigon“ stattfinden.

Köpplinger sieht sein Haus eigentlich als Landestheater, denn „es ist für alle Kärntner da und Kärntens größtes Kulturinstitut. Ganz klar, man muss auch einmal sagen, welche große Reputation es durch die beiden letzten Intendanten Herbert Wochinz und Dietmar Pflegerl bekommen hat.“ Er möchte dessen Stellenwert und Platzierung als lebendiges Dreispartenhaus aufrechterhalten und weiterhin ohne Scheu Neues mit Traditionellem mischen.

Von der Kärntner Kulturpolitik erwartet sich Köpplinger eine klare und unpopulistische Haltung: ein klares Ja zum Theater und dass „die Politik das Stadttheater als notwendige Selbstverständlichkeit sieht und es von Land und Stadt weiterhin ausreichend unterstützt wird. Denn ich finde es unerträglich, wenn immer mehr Politiker im gesamten deutschsprachigen Raum die Notwendigkeit der Institution Theater grundsätzlich hinterfragen.“ Er selbst gehöre keiner Partei und keiner Verbindung an: „Mein Ziel heißt notwendige Klarstellung und ein offenes, ehrliches Gespräch mit der Politik, um allfällige Lösungen zu finden. Bis jetzt hat dies meist sehr gut funktioniert.“

Jetzt steht Köpplinger ein massiver Karrieresprung bevor, denn ab der Saison 2012/13 wird er Intendant des renommierten Staatstheaters am Gärtnerplatz. Nach der Bayerischen Staatsoper, die von Klaus Bachler geleitet wird, und dem Bayerischen Staatsschauspiel, das vom Kärntner Martin KusÇej übernommen werden soll, sind dann alle drei führenden Theaterhäuser Münchens fest in österreichischer Hand. „Es ist für mich eine Ehre und eine spannende Herausforderung, an ein Theater zu berufen zu werden, das zu den Top Ten von Deutschland zählt. Außerdem ist es eines der schönsten Theater, das ich kenne. Ein Haus mit den Sparten Oper, Operette und Musical zu leiten, ist sicher anspruchsvoll und schwierig.“

Dass das Haus qualitativ derzeit nicht den besten Ruf genießt und genau dann, wenn er es übernimmt, umgebaut wird, stört ihn nicht, im Gegenteil: „Ich finde es durchaus spannend, auf einer Baustelle zu beginnen.“ Da die Berufung erst vor Kurzem erfolgt ist, kann er über Pläne noch nicht viel sagen.

Von Klagenfurt geht er nicht leicht weg: „Ich fühle mich hier sehr wohl, auch wegen der hiesigen Lebensqualität. Aber jetzt bin ich ja noch da, werde meine ganze Energie dem Stadttheater widmen und freue mich auf unsere beiden letzten Saisonen. Und schließlich wünsche ich dem Stadttheater Klagenfurt, dass es in hundert Jahren das 200. Jubiläum feiern wird, woran ich keinen Zweifel habe.“

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