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Ich möchte, dass das Leben wieder normal wird. Das wochenlange Hinstarren auf die letzten Grußhände des Papstes ist vorbei, jetzt braucht man sich auch über Kleidervorschriften für die Hochzeit von Camilla und Charles nicht mehr den Kopf zerbrechen, Harald Juhnke und der Fürst von Monaco sind begraben, der Bundeskanzler wird ohnehin nicht kommentieren, wie sehr Österreich durch orangeblaue Hysterienspiele diskreditiert wird, so könnte jetzt das Leben bitte endlich wieder normal werden. Daher: einfach abschalten! Einen Monat lang kein Fernsehen, keine Zeitungen, kein Mittagsjournal. So wie viele sich fürs mehrwöchige Fasten entscheiden, Diätkuren einhalten oder zwei Monate lang keinen Alkohol trinken, so könnten auch wir uns jetzt einige Wochen Enthaltsamkeit von dem Medienradau gönnen. Der Galle wird's gut tun, der Kreislauf wird wieder stabil und auch die Fettwerte erholen sich schlagartig.

Natürlich: wir wissen dann nicht, wie es Camilla und Charles in den Flitterwochen ergeht, ob wir noch eine Regierung haben und ob der bis heute nur Vatikan-Insidern bekannte Camerlengo beim Ritual des Konklaves auch wirklich alles richtig macht.

Oder sollte der unausgesetzte Fernsehblick auf den Kamin der sixtinischen Kapelle wirklich Ausdruck neuer Frömmigkeit sein? Nein, der mediale Overkill führt nicht zu einer Rückkehr des Religiösen. Die 24-Stunden-Mischung aus Doku-Soap und Reality-TV suggeriert Vertraulichkeit, die ich gar nicht haben will. Ich will nicht alle halbe Stunde die sinkende Pulsfrequenz des sterbenden Papstes mitgeteilt bekommen. So wie ich auch nicht wissen muss, was für eine Farbe die Tuchenten in den Zimmern des vatikanischen Gästehauses Santa Marta haben. Ab heute schalte ich ab. Um endlich wieder zur Besinnung zu kommen.

Der Autor arbeitet am Kulturforum der Österreichischen

Botschaft in Berlin.

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