Ende eines TV-Krimi-Titanen

Werbung
Werbung
Werbung

Für seinen allerletzten Auftritt hat er sich extra fein gemacht. In der letzten Folge der seit 1981 laufenden TV-Krimiserie "Ein Fall für zwei“ ließ der Held der Serie, der Privatdetektiv Josef Matula (Claus Theo Gärtner), seine spießige alte Lederjacke im Schrank hängen und trug stattdessen Anzug. Soviel Stil hatte Matula in allen 299 vorangegangenen Folgen nicht an den Tag gelegt: der ständig von Geldsorgen geplagte Matula, der in jeder Folge mindestens einmal Prügel einstecken musste, der sich nach Feierabend am liebsten in der verrauchten Eckkneipe dem Konsum alkoholischer Getränke hingab. Doch die anachronistische Figur des Proletariers mit Detektivlizenz musste der Gegenwart immer mehr Tribut zollen. So bediente er sich diesmal bei seinen Nachforschungen einer auf seinem Mobiltelefon installierten App - dabei war viele Jahre lang das einzig Moderne an ihm der jeweils neueste Alfa Romeo, den er fuhr. Zuletzt sah das Loft, in dem er wohnte, so schick aus, als wäre er Künstler (dieses Heim wurde letzten Freitagabend in einer Explosion vernichtet).

Auch wenn der Abschied von einem fiktiven Charakter, der einen 32 Jahre lang begleitet hat, traurig ist: Es war höchste Zeit, aufzuhören. Es wurde zunehmend unmöglich, eine ernsthafte Krimihandlung um die aus der Zeit gefallene Figur herum zu konstruieren. Da hätte nur noch Ironie geholfen, doch der knorrige Matula und Ironie, das passt nicht zusammen. Dass Matula als Handyklingelton die Titelmelodie der Serie verwendet, ist ein gerade noch akzeptables Maß an Selbstironie. Entsprechend voll ernstem Pathos die letzten Minuten der letzten Folge: eine Umarmung unter Männern mit seinem Arbeitgeber Dr. Lessing (Paul Frielinghaus) und dann, in Zeitlupe, schreitet Matula in Richtung Frankfurter Skyline, cool wie nie zuvor. Die Apotheose eines zu kurz Geratenen und Gekommenen zum echten Krimi-Titan.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung