Werbung
Werbung
Werbung

Wie Astrid Lindgrens "Ronja Räubertochter" im Theater der Jugend missglückte.

Es gibt Dinge, die man tun muss, will man ein Mensch sein." So ähnlich könnte die Botschaft vieler Bücher der schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren beschrieben werden, die kürzlich ihren 100. Geburtstag hätte feiern können. 1981 schrieb sie 74-jährig ihr letztes Buch. "Ronja Räubertochter" ist die Geschichte eines eigensinnigen, abenteuerlustigen und naturverbundenen Mädchens, das gegen den zornigen Widerstand des Vaters ihrem Herzen folgt und die Freundschaft zu Birk, dem Sohn des Anführers einer verfeindeten Räuberbande, verteidigt. Das Theater der Jugend feiert nun mit einer schwerfälligen Inszenierung den runden Geburtstag der Autorin sowie das 75-jährige Bestehen des Hauses.

Kindertümelnd ist keines ihrer Bücher. Ganz im Gegenteil. Und "Ronja" ist eines der ernsteren Bücher von Lindgren. Ist es doch unverhohlen mit den großen Themen des Lebens grundiert: Liebe, Tod, Angst, Einsamkeit, Verlust, Verrat. Eine schwierige Aufgabe, der die Inszenierung von Susanne Lietzow leider in keinem Moment nachzukommen vermag. Das hat viele Gründe: Statt die Handlung in den mittelalterlichen Wäldern Schwedens zu belassen, holt sie sie in eine Gegenwart, mit der sie dann doch nichts anzufangen weiß.

Das von Lindgren imaginierte geheimnisvolle Land der Wilddruden, Graugnome und Rumpelwichte wird hier unstimmig, das Gefühl von Naturverbundenheit und Freiheit kaum nachvollziehbar. Die wuchtige Bühne von Marie Luise Lichtenthal tut ein Übriges dazu. Das größte Problem dieser Inszenierung ist allerdings die Figurencharakterisierung. Die verfeindeten Räuberbanden bestehen aus je einer Handvoll grellfarbiger Abziehbilder biederer Ganoven und Blödmänner. Es gelingt Lietzow auch kaum, wenigstens den Hauptfiguren ein Innenleben zu geben. Johannes Zeiler als Räubervater Mattis wie auch Estefanía Miranda Rojas als Ronja bleiben bloß seelenlose Handlungsträger. In keinem Moment wird das Erwachen von Ronjas moralischem Empfinden, etwa dass es unrecht ist, Räuber zu sein, plausibel nachvollziehbar, noch wird die schmerzliche Ambivalenz ihrer Entscheidung, die Eltern zu verlassen, um mit Birk im Wald zu leben, spürbar.

Angesichts der gründlich misslungenen, zur Gänze poesiefreien Aufführung empfehlen wir: lesen Sie! Patric Blaser

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung