Mürzzuschlag hat schon bessere Zeiten erlebt. Die Fabriken der Stahlindustrie wurden reduziert. Mürzzuschlag war auch eine musikalische Stadt. Johannes Brahms etwa komponierte hier seine vierte Symphonie. Hans Werner Henze gründete in den 80er-Jahren die Mürztaler Werkstatt, bei der er auch eigene Werke dirigierte. Sogar eine Oper über die Probleme der ArbeiterInnen studierte er mit einheimischen Musikern und Sängern in einer Werkhalle ein. Ich erinnere mich, wie Arbeiter beim Finale die bestechlichen und verräterischen Betriebsräte als Puppen aus den Fenstern warfen.
Heuer gelang bei dem von Ernst Kovacic geleiteten "Brückenfestival“ eine engagierte Aufführung der Kinderoper "Agleia Federweiß“ von Henzes Schüler Gerd Kühr. Kovacic dirigierte ein Ensemble, dessen KünstlerInnen vorwiegend aus der Gegend kamen. "Musik ist in Krisenzeiten besonders wichtig und kann eine Gegend zusammenschweißen“, sagte der international erfolgreiche Geiger und Dirigent im Interview für das Kulturmagazin "Highlights“. Schließlich verdankt er seine Karriere nicht zuletzt seiner Ausbildung in Kapfenberg. Jetzt wird die Struktur der so wichtigen Musikschulen reformiert. Sie sollen zusammengelegt und zentral verwaltet werden. "Die Kulturarbeit im Kleinen kann nur über persönliche Kontakte funktionieren. Sie kann nicht gemanagt, sie muss erlebt werden. Die persönliche Begegnung an den Orten ist wichtig. Es muss dort einen Menschen geben, der verantwortlich ist. Man soll die LeiterInnen und LehrerInnen unserer Musikschulen fragen, wo man sinnvoll einsparen kann.“ Derzeit spart man an unserem geistigen und musischen Kapital. Der ideologische Zentralisierungswirrwarr überforderter PolitikerInnen droht den Schulen kaum noch wieder gut zu machenden Schaden zuzufügen. Die Musikerziehung vermittelt jene Freude an der Musik, die den Fortbestand Österreichs als Musikland sichert. Sonst wird’s bald aus sein mit ana Musi und an Wein.
