Erzählte Lebens- und Glaubensweisheit

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Ein Ordensoberer erzählt, ein Bischof tut es ebenso; ein Ikonenexperte und 23 Theologinnen thematisieren den Glauben für heute. Eine adventliche Buchlese ausgewählter Neuerscheinungen - beileibe nicht nur für die Vorweihnachtszeit.

Markante geistliche Persönlichkeiten scheinen in Zeiten wie den aktuellen rar geworden. Um hierzulande fündig zu werden, lohnt nicht zuletzt der Blick zu den Ordensgemeinschaften. Der Propst des Augustiner Chorherrenstiftes Herzogenburg im niederösterreichischen Traisental ist da längst mehr als ein Geheimtipp. Seine Spiritualität, seine Weltsicht und einiges aus seiner Biografie offenbart Maximilian Fürnsinn der Sachbuchautorin Christiane Scholler: Mit "Leben. Einfach leben“ ist beider neues Buch treffend betitelt, und einmal mehr zeigt sich da der menschenverbundene Kirchenmann, dem es gelungen ist, in den 33 Jahren, die er dem Barockstift vorsteht, authentisch zu bleiben. "Ich darf leben, ich muss nicht leben. Und nicht, ich soll leben, sondern eben, ich darf leben. Gnade bedeutet:, Du darfst.‘“ Auf solch einfaches Wort kann Propst Maximilian theologisch anspruchsvolle Sachverhalte bringen. Eine Übersetzung von Glauben in eine verstehbare Sprache, eine Theologie des Erzählens - das sind nur zwei Eckpunkte, für die dieser Ordensmann steht. Ein Buch voll Lebens- und Glaubensweisheit, die auch Fragen von ethischem Wirtschaften thematisiert natürlich unterfüttert mit der geistlichen Perspektive, die Ordensvater Augustinus auch für heute bereithält.

Augenzwinkernd prophetisch

Schon 15 Jahre ist er Emeritus, unglaubliche 91 Jahre zählt er. Aber die Erinnerung an Reinhold Stecher, Bischof von Innsbruck zwischen 1981 und 1997, ist ungebrochen. Mit dem Band "Spätlese“ legt der prominente Kirchenmann Miniaturen vor, in denen einmal mehr seine Sprachkraft und sein Wortwitz, mit denen er seit Jahrzehnten viele Menschen fasziniert, zur Geltung kommen. Das beginnt schon im ersten Kapitel, in dem der Bischof das alttestamentliche Buch "Hohelied“, der biblische Liebesgedichtband, in Beziehung zu seinen Erfahrungen in der Zeit des Dritten Reiches stellt, in denen sich Stecher unerschrocken bewähren musste. Aber nicht nur solch ungewöhnliche Verbindung hält der Band bereit, in kurzen Szenen erzählt der Autor Episoden aus seinem Leben und setzt diese in Beziehung zum Glauben. Auch dies ist narrative Theologie pur, wahrscheinlich die heutigste Art und Weise, über Religion zu reden. Das Büchlein ist mit Aquarellen aus dieser bischöflichen Hand illustriert - auch diese mitunter biografisch tief berührend. Und eines davon, in dem Stecher sich selber vor der Schweizergarde stehend karikiert, ist zum Thema Macht an der Kirchenspitze augenzwinkernd prophetisch geworden. Schon allein wegen solchem Zugang, der sich auch im beigefügten Text "Das Trauma“ erschließt, wird "Spätlese“ zum einem weiteren Stecher’schen Kleinod.

Glaube, durch Bilder erzählt

Glaube kann aber auch durch Bilder erzählt werden: Die Tradition der Ostkirche bietet die Ikonen als uralte Botschafter an. In den letzten Jahrzehnten haben die nach alten Vorlagen kopierten Bilder auch im Westen einen Boom an Interesse erfahren, ohne dass oft der geistliche wie künstlerische Hintergrund genügend klar ist. Vor allem der Fragen der Glaubensbotschaft nimmt sich das Buch "Bilder des Lebens“ an. Der Ostkirchen- und Ikonenexperte Hanns Sauter will darin "Ikonen als Antworten auf heutige Glaubensfragen“ erschließen. Grundlage des Bandes ist eine Artikelserie zum Thema, die in der Wiener Kirchenzeitung Der Sonntag erschienen ist. Die kurzen, aber prägnant informativen Texte liegen somit gesammelt und mit 44 Ikonen-Illustrationen versehen vor. Sauter geht auf Christus-Ikonen ebenso ein wie auf Ikonen des Kirchenjahres, natürlich stellt er auch ostkirchliche Marien- und Heiligendarstellungen vor. Eine Verstehhilfe stellt das Buch ebenso dar wie eine Anleitung zur Meditation, denn Ikonen "leben“ von ihrer Betrachtung und laden dadurch die Betrachter zu einer Glaubensreise ein. Nicht nur die Tradition lehrt, dass hier auch aktuelle Glaubenszugänge mit eingeschlossen sind.

Sanfte Subversion, Teil 2

Der sanften Subversion zweiter Teil ist das Büchlein "Was Frauen zu Advent und Weihnachten predigen würden“. Wie vor einem halben Jahr zu Ostern hat Marlies Prettenthaler-Heckel, Erwachsenenbildnerin im Bildungshaus Mariatrost in Graz, die "Predigten“ von 23 ausgebildeten Theologinnen und Religionspädagoginnen zum Festkreis Advent und Weihnachten herausgebracht. Natürlich "dürfen“ Frauen in der katholischen Kirche ja nicht predigen. Aber wenn sie es trotzdem täten (und tun?), dann käme (kommt) das heraus, was auch diese Sammlung ganz unterschiedlicher Zugänge bietet. Keiner kann sagen, dass diese Frauen ihre Sache schlechter oder weniger gläubig als ihre - geweihten - Männerkollegen im pastoralen Dienst machen (würden). Im Gegenteil. Man hofft, dass diese Einsicht endlich auch an die Kirchenspitze durchsickert. Das Büchlein jedenfalls dokumentiert die Frauenkompetenz nachdrücklich.

Was Frauen zu Advent und Weihnachten predigen würden

Hg. von Marlies Prettenthaler-Heckel.

Edition Mariatrost 2012. 103 S., kt. € 7,- Bestellung: www.mariatrost.at

Spätlese

Von Reinhold Stecher. Mit 17 Aquarellen des Autors.

Tyrolia 2012 112 Seiten, geb. € 19,95

Bilder des Lebens

Ikonen als Antworten auf heutige Glaubensfragen.

Von Hanns Sauter Wiener Dom-Verlag 2011.

216 Seiten,44 Farbabb., geb. € 23,50

Leben, einfach leben

Eine Spurensuche. Von Maximilian Fürnsinn und Christiane Scholler. Styria Premium 2012

248 Seiten, zahlr. Farbabb., geb, € 24,99

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