Erzkomödiant mit Tiefgang

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Sogar sein "liebster Feind", Claus Peymann, in dessen Direktionszeit Fritz Muliar 1994 vom Burgtheater ins Theater in der Josefstadt wechselte, hat ihm zum 85. Geburtstag Glückwünsche übermittelt und dabei Muliars Leistungen als Schauspieler gewürdigt. Wer könnte dem Mann auch die Anerkennung versagen, der auf allen wichtigen Wiener Bühnen gestanden ist, mehr als 200 Rollen in Filmen und Fernsehspielen verkörpert hat und dabei noch im "Hohen Alter" (dem eigenen und dem von Raimund) eine ungeheure Spielfreude ausstrahlt.

Vom Kabarett zur Burg

Fritz Muliar, am 12. Dezember 1919 geboren, studierte am Wiener Konservatorium Schauspiel und Gesang und trat 1937 erstmals in den Kabaretts "Der liebe Augustin" und "Simpl" auf. Nach dem Krieg, in dem er zur Wehrmacht eingezogen war, war er zunächst Radiosprecher in Klagenfurt, dann folgten ein Engagement in Graz und die Rückkehr nach Wien, wo er an verschiedenen Theatern spielte und in Nachtkabaretts auftrat. Zu längeren Engagements kam es am Kabarett "Simpl", am Volkstheater, am Theater in der Josefstadt mit zahllosen Auftritten in den Kammerspielen und schließlich am Burgtheater. Daneben betätigte sich Muliar für Fernsehen und Film, wobei ihn die Rolle des "braven Soldaten Schwejk" über Österreich hinaus populär machte. In Wien brillierte er in modernen Lustspielen, vor allem aber auch in Nestroy-Stücken, bei den Salzburger Festspielen überzeugte er als "Dicker Vetter" im "Jedermann". Der Erzkomödiant pflegte den Humor auch in seinen Büchern und bei seinen Rezitationsabenden - als hinreißender Interpret von Autoren der Zwischenkriegszeit wie Roda Roda oder Alfred Polgar. Er stand neben Legenden wie Karl Farkas auf der Kabarett- und Josef Meinrad auf der Musicalbühne und ist heute selbst eine Wiener Theaterlegende.

Am Akademietheater zeigte er mit der Darstellung des alten Mannes in Felix Mitterers "Sibirien", dass er auch alles andere als "nur" ein Komödiant sein kann. Er selbst schätzte seine Fähigkeiten einmal so ein: "Ich bin ein Darsteller des kleinen Mannes - ein jüdischer Bankier, das ist noch drinnen, den Othello muss ich nicht unbedingt spielen. Den Lear - nur in einer Musicalfassung."

Fritz Muliar ist seit fast 50 Jahren mit Franziska Kalmar, einst eine der beliebtesten heimischen Fernsehsprecherinnen, verheiratet. Einen seiner drei Söhne hat er in jungen Jahren verloren. Als seinen zweiten weiblichen "Lebensmenschen" hat er seine oftmalige Bühnenpartnerin Elfriede Ott bezeichnet. Er gilt als begeisterter, vielseitiger Sammler, unter anderem von Briefbeschwerern und Zinnsoldaten.

Politisch engagiert

Muliar zeigte stets großes Interesse an politischen, aber auch an kirchlichen Vorgängen. Es überrascht nicht, dass er als "Geburtstagsrolle" derzeit in den Kammerspielen eine Papst Johannes XXIII. nachempfundene Figur spielt. Am Stück "Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde" ist sicher mehr die gute Absicht - es geht um das Erkämpfen eines Tages, an dem auf der Welt wirklich Frieden herrscht - als die dramaturgische Qualität zu loben. Hervorzuheben sind aber die unter Muliars Regie von den Mitwirkenden - etwa Sandra Cervik und Martin Zauner - erbrachten Leistungen.

Der bekennende Sozialdemokrat Muliar ist als Patriot stets für Dialog und Brückenschläge eingetreten. Nicht zuletzt deshalb schrieb er über viele Jahre für die Furche, die dem Jubilar herzlich gratuliert, pointierte Kolumnen unter dem signifikanten Titel "Ex Tempore".

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