"Es ist eine Frage der Ethik"

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Alexander Egit, Geschäftsführer Greenpeace CEE, diskutiert mit der Chefin des OMV Future Energy Fund, Dorothea Sulzbacher, über Auswege aus der Öl-Abhängigkeit.

Die Furche: Frau Sulzbacher ist vom OMV Future Energy Fund. Es scheint, dass dieser Mineralölkonzern umweltbewusster agiert als früher: Würden Sie sich das als Erfolg von Greenpeace auf ihre Fahnen heften?

Alexander Egit: Es gab eine unglaublich dynamische Entwicklung beim Thema Umweltschutz. Vor 25 Jahren war das Thema noch ein Fremdwort und heute ist es in aller Munde. Man muss aber aufpassen, denn viele nehmen das Wort Umweltschutz in den Mund, aber nur wenige tun auch wirklich etwas dafür. Das ist auch mein zentraler Kritikpunkt an der Wirtschaft. Es ist nicht immer Grün drinnen, wo Grün draufsteht. Das sehe ich auch bei der OMV kritisch.

Die Furche: Ich nehme an, das sehen Sie anders, Frau Sulzbacher …

Dorothea Sulzbacher: Die OMV hat als erstes österreichisches Industrieunternehmen sehr rasch auf die Herausforderungen des Klimawandels und der Energiesicherheit reagiert und im Juni 2006 den OMV Future Energy Fund gegründet. Natürlich brauchen wir den Cash-Flow aus den Geschäften mit der fossilen Energie, um Projekte mit erneuerbarer Energie zu finanzieren, die sind ja gerade am Anfang nicht wirtschaftlich. Wir sind in den Bereichen neue Energieträger, Energieeffizienz oder der Reduktion von Treibhausgasen aktiv. Ziel ist es, diesen Projekten mit der Starthilfe durch den Future Energy Fund in die wirtschaftliche Eigenständigkeit zu helfen.

Die Furche: Warum macht die OMV das? Ist das eine Reaktion auf den Druck von den NGOs?

Sulzbacher: Wir sind mit allen Stakeholdern im intensiven Dialog, auch mit Greenpeace natürlich. Corporate Social Responsibility ist für uns ein wichtiges Thema, wir haben jährlich den Stakeholder-Dialog, wo wir Stakeholder einladen und diskutieren. Wir grenzen niemanden aus.

Die Furche: Reicht dieses Engagement der OMV, Herr Egit?

Egit: Es freut mich sehr, dass ich hier mit Frau Sulzbacher diskutieren kann, aber eigentlich sollte der Generaldirektor der OMV hier sitzen, der das Gesamtgeschäft zu verantworten hat, und nicht das grüne Aushängeschild der OMV. Denn die kritischen Fragen wirft das eigentliche Geschäft der OMV auf. Kann die OMV garantieren, dass die Agro-Treibstoffe kein Palmöl enthalten und damit durch den Anbau keine Regenwaldflächen betroffen sind? Auf den ersten Blick sind diese Treibstoffe ökologisch vertretbar. Sie sind aber primär dazu da, um die Landwirtschaft zu fördern. Der Umwelt kommen diese Treibstoffe nicht zugute, denn die Energiebilanz hinkt: Man muss meistens mehr Energie hineinstecken als - und es tut mir jetzt schon weh, das sagen zu müssen - bei der Verbrennung von Mineralöl.

Die Furche: Die neuen Formen der Treibstoffe sind also nicht der Stein der Weisen?

Egit: Auf gar keinen Fall. Was wir brauchen, ist ein neues Mobilitätskonzept, da wir sonst die Umweltprobleme nicht loswerden. Das Problem ist, dass der Verkehr in Österreich so stark wächst. Und durch den Einsatz von SUVs und dergleichen geht die Entwicklung immer mehr in Richtung schwerer Autos. Durch die Gewichtssteigerung wurde jegliche Energie-Effizienzsteigerung bei den Autos wieder wettgemacht.

Die Furche: Frau Sulzbacher, ist auch Ihr Ziel vom Öl wegzukommen?

Sulzbacher: Es wird sicher noch lange Öl und Gas geben und das ist auch notwendig, da die Energienachfrage ständig steigt und der Bereich der Erneuerbaren diese Nachfrage derzeit nicht alleine decken kann. Aber wir müssen die Zukunft jetzt vorbereiten, weshalb die OMV auch den OMV Future Energy Fund gegründet hat. In die Diskussion zu den Bio-Treibstoffen mischen wir uns nicht ein. Grundsätzlich ist das eine politische Frage, die auf EUEbene gelöst werden sollte, um für Konsumenten größtmögliche Sicherheit bieten zu können.

Egit: Für uns sind Agrotreibstoffe nur denkbar, wenn sie stationär verwendet werden, wie bei einer Kraft-Wärme-Nutzung. Die Gesamtenergiebilanz ist aber auch hier problematisch, wenn die Pflanzen aus Regenwaldgebieten importiert werden wie etwa Palmöl. Die Kollegen in Indonesien haben kein Verständnis, wenn für unsere SUVs indonesischer Regenwald abgeholzt wird. Zum Thema leistbare Energie: Der Ölpreis von heute zeigt die Richtung auf, in Zukunft werden sich nur noch wenige Leute diese fossilen Treibstoffe leisten können, das ist ein Programm für Reiche. Im Moment wird in der EU die Begrenzung des CO2-Ausstoßes bei Pkws diskutiert, was sagt eigentlich die OMV dazu?

Sulzbacher: Auch diese Frage muss auf politischer Ebene gelöst werden. Worüber man diskutieren sollte ist, dass zwei Milliarden Menschen auf der Erde noch immer keinen Zugang zu ausreichender und leistbarer Energie haben. Doch diese Menschen haben Anspruch darauf, irgendwann den gleichen Lebensstandard wie wir zu haben. Und ungefähr 56 Prozent vom weltweiten Energiebedarf werden durch Öl und Gas gedeckt. Das heißt, wir brauchen eine Steigerung der Energieeffizienz, mehr Technologie auch in die klassischen fossilen Ressourcen, denn ausschließlich mit erneuerbarer Energie kann die Energie-Nachfrage nicht gedeckt werden.

Egit: Die Geschichte ist, dass sich ein verantwortungsvolles Unternehmen aus dem Mineralölbereich eigentlich Seite an Seite mit Umweltschützern positionieren und Agrotreibstoffe ablehnen müsste.

Sulzbacher: Es ist nicht die Aufgabe der OMV, Politik zu machen.

Egit: Die OMV als eines der größten österreichischen Unternehmen sollte auch Verantwortung übernehmen, das ist eine ethische Frage. Man muss ja nicht Politik machen, aber man kann der Politik Vorschläge machen. Wieso sagen Sie nicht, was Sie an Informationen in ihren Schubladen haben. Sie sind eigentlich unserer Meinung, aber sagen es nicht. So lange Teile der Wirtschaft bei wichtigen Themen nicht mitziehen, haben wir keinen Durchbruch in der Umweltbewegung erreicht.

Die Furche: Das heißt, ihre Arbeit ist noch lange nicht abgeschlossen?

Egit: Es gibt Anpassungs- und PR-Strategien, aber was wir brauchen, ist ein Systemwandel, und den schaffen wir alleine nicht. In Wahrheit wird das, was Politiker entscheiden, hochgradig von Wirtschaftskonzernen dominiert. Jeder, der das nicht zur Kenntnis nimmt, ist naiv. Wir brauchen eine Allianz aus Politik, Wirtschaft und Umweltschutzbewegungen, damit ein Systemwechsel erreicht werden kann.

Die Furche: Was meinen Sie mit Systemwechsel?

Egit: Wien müsste beispielsweise autofrei sein. Weiter müsste die Energieeffizienz der Autos steigen. Zusätzlich braucht es intelligente Verkehrssysteme für Pendler, hierbei ist Kreativität gefragt, aber zuallererst muss der Arbeitsplatz wieder näher an den Wohnort gebracht werden. Die restliche Energie, die dann noch für das tägliche Leben benötigt wird, könnte von erneuerbaren Energieträgern kommen. Österreich muss ein globaler Vorreiter sein, damit man in den Entwicklungsländern sieht, wie der Ausstieg aus fossilen Energieträgern möglich ist. Wenn wir es in Europa schaffen, unsere Verkehrssysteme umzubauen, werden die Chinesen die ersten sein, die diese kopieren.

Sulzbacher: Aber wir können den Konsumentenwillen ja nicht beeinflussen, wenn die Konsumenten nicht auf das Auto verzichten wollen, dann wird sich nichts ändern.

Egit: Ein reiches Land wie Österreich, das im Umweltbereich technologisch relativ fit ist, muss ein Vorbild sein.

Sulzbacher: Natürlich müssen Österreich und die EU ihren Teil zum Umweltschutz beitragen, aber in Zahlen ausgedrückt wird 2030 die EU beim Treibhausgasausstoß hinter China und Indien abgeschlagen sein. Man muss globaler denken.

Das Gespräch moderierte Thomas Meickl.

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