EU-Ratsvorsitzender, der falsche Signale sendet

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Vom italienischen Schriftsteller Malaparte ist das Wort überliefert, es sei nicht schwierig, sein Land zu regieren, aber nutzlos. Die Italiener machen sowieso was sie wollen und bleiben - trotz latenter Aufgeregtheit und ständig drohendem Chaos - sich selber treu und vor allem gelassen. Deshalb ist nicht eingetreten, wovor Ex-Ministerpräsident Massimo D'Alema beim Regierungsantritt seines Nachfolgers Silvio Berlusconi vor zwei Jahren gewarnt hat: " Italien wird zu einem Land zweiter Klasse absteigen und von Europa als anormales Land bewertet werden." Ganz im Gegenteil sogar: Mit 1. Juli steigen Italien und Berlusconi in die erste Klasse auf und übernehmen den EU-Ratsvorsitz.

"EU-Signalpräsident"

"Signalpräsident" nennt Freimut Duve, der Medienbeauftragte der OSZE, Berlusconis Aufgabe im nächsten Halbjahr. Und als solcher "ist es hoch an der Zeit", fordert Duve, dass sich Berlusconi von seinen Medienbeteiligungen trennt. "Europa hat heute zwei Signale, die es an die Welt senden kann", erklärt Duve im Gespräch mit der Furche: "das unabhängige Rechtswesen und die freie Presse." Um beides steht es in Berlusconis Italien nicht zum Besten, sorgt sich nicht nur Pressefreiheits-Wächter Duve.

Keine Sanktionenkeule

Berlusconis Dreifachrolle als Regierungschef, Medienkaiser und Großunternehmer sorgt für Dauerspannung in Italien. Der Premier besitze nicht nur drei große Privatkanäle, nach der Ernennung regierungsfreundlicher Direktoren an die Spitze der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt RAI kontrolliere er auch das Staatsfernsehen, kritisiert die Opposition. Vor dem neuerlichen Wahlsieg des Fernsehmoguls im Mai 2001 (schon 1994 war er für sieben Monate Regierungschef) konnte man noch warnende Stimmen aus anderen europäischen Regierungskanzleien hören. Der belgische Außenminister Louis Michel überlegte, ob nicht auch im Fall Berlusconis, die EU-Sanktionenkeule angebracht wäre. Doch der Knüppel blieb im Sack, genauso wie es heute keine Kritik mehr am Politikstil des "Cavaliere" von Berlusconis Amtskollegen gibt.

Berlusconi selbst fühlt sich stets als Opfer von Kommunisten, Linksextremisten oder gar der Mafia. Zu dieser Gruppe rechnet er vor allem jene Richter und Staatsanwälte, die den drittreichsten Europäer wegen seiner Geschäftsmethoden anklagen. In einem halben Dutzend Verfahren musste sich Berlusconi schon wegen Bestechung und illegaler Parteienfinanzierung verantworten. Doch seit letzter Woche ist dem Premier wieder eine Verschnaufpause zugesichert: Der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi hat das umstrittene Immunitätsgesetz unterschrieben, das Berlusconi vor einer drohenden Verurteilung in einem gerade laufenden Korruptionsprozess schützt.

Schutz vor "linken Richtern"

Somit ist garantiert, dass der 66-Jährige, der es vom Staubsaugerverkäufer und Animateur auf Kreuzfahrtschiffen zum EU-Ratsvorsitzenden gebracht hat, im nächsten halben Jahr nicht verurteilt werden kann. Was wäre das für ein verheerendes Signal? Oder gilt Malapartes Wort auch für die EU: Es ist nicht schwierig sie zu regieren, aber nutzlos. WM

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