EU-Warnung und Spionagekeule

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Trotz positiver Wirtschaftsdaten wenden sich Ungarns Wähler zunehmend von ihrer Regierungspartei ab.

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Trotz positiver Wirtschaftsdaten wenden sich Ungarns Wähler zunehmend von ihrer Regierungspartei ab.

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Während die politischen Uhren nach dem 3. Oktober in der westlichen Hälfte der einstigen Monarchie Richtung rechts gehen, tendieren die Bürger auf der östlichen k.u.k.-Seite nach links. Hinter diesem Verhalten der Ungarn, verbirgt sich die zunehmende Beliebtheit der oppositionellen Ungarischen Sozialistischen Partei. Mehrere Zwischenwahlen, überwiegend auf Landesebene, zeigen die Erstarkung der Linken. Das größte politische Wachstum erreichen allerdings, wie auch in Österreich, die Nichtwähler: 40 Prozent der Befragten wollen an den nächsten Wahlen nicht teilnehmen.

Wie überall, so profitieren in Ungarn die kleinen Parteien, links und rechts der in Ungarn sehr breiten Mitte, von der zunehmenden Politikmüdigkeit der Menschen. So konstatiert der ehemalige Kommunist und jetzige Rechtsaußen im Budapester Parlament, Istvan Csurka, eine für ihn erfreuliche "moralische Wahlpflicht" seiner Anhänger.

Csurkas am rechten Rand stehende Gerechtigkeitspartei (MIEP), spielt heute die erpresserische Rolle des inoffiziellen Koalitionspartners der regierenden FIDESZ-Bürgerpartei. Selbst der Europarat warnte Ungarn, auf dem Weg nach Brüssel auf die MIEP-Ideologie zu hören, vor allem seit Csurka seine Rechtspopulisten "national-radikal" bezeichnet.

Die Mehrheit der Ungarn begnügt sich nicht mit der NATO-Mitgliedschaft, sie wollen in die EU. Daher hängt die ungarische Innenpolitik stark von der Brüsseler EU-Erweiterungspolitik ab: Erreichen die Ungarn aus Brüssel positive, aufmunternde Signale, so werden die Wähler ihre Stimme den EU-freundlichen Sozialisten geben.

Andererseits dient die auch in Ungarn vernommene Erweiterungsbremse Jörg Haiders den rechts angesiedelten Parteien, vor allem der mitregierenden Kleinbauernpartei, aber noch mehr der schon erwähnten MIEP, die jeher vor der "Gefahr des internationalen Kapitals" und ganz unverhohlen vom "Einfluß des Weltjudentums" warnte.

Nicht nur ein etwaiger kühler Wind aus Brüssel fördert die ungarischen Rechte, sondern auch die härter geführte Diskussion über ehemalige Mitarbeiter des einstigen Staatssicherheitsapparates. Eine Offenlegung von Geheimdienstunterlagen kam in Ungarn nie zustande. Das führt dazu, daß jetzt nach und nach brisante Schriftstücke an die Öffentlichkeit gebracht werden, um den politischen Gegner zu schaden.

Obwohl die Wirtschaftsdaten Ungarns nicht schlecht sind; die Pensionen bescheiden aber doch erhöht werden, und die verschiedenen Sozialleistungen, zusehends besser werden, fühlen sich immer mehr Wähler von der FIDESZ-Regierung enttäuscht und wenden sich hoffnungsfroh den Sozialisten oder den am rechten Rand stehenden Kleinparteien zu. Im Prinzip ist diese Entwicklung rational genauso unverständlich wie der österreichische Wahlausgang am 3. Oktober.

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