EU-Zuckerbrot und -Peitsche für die Staaten des Westbalkans

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Die Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal (ICTY), unterstellt Refik HodzÇi´c den Staaten am Westbalkan, werde nicht aus eigenem Interesse an einer Aufarbeitung der Kriegsvergangenheit gesucht. Für ICTY-Vertreter HodzÇi´c basiert diese Kooperation allein auf der „Karotten und Peitschen-Strategie“ der Europäischen Union und werde von den betroffenen Staaten als „Preis angesehen, der für die wirtschaftliche Unterstützung und die EU-Annäherung zu zahlen ist“.

Und die EU-Peitsche wird weiter geschwungen: Staaten wie die Niederlande verweigern bisher die Ratifizierung des im April unterzeichneten Annäherungsabkommens zwischen der EU und Serbien. Sie fordern von Belgrad die Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladi´c. Doch es gibt auch Zuckerbrot aus Brüssel. Vergangene Woche präsentierte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn den EU-Fortschrittsbericht über den aktuellen Status bei der EU-Annäherung durch die Staaten des Westbalkans – und sparte dabei nicht mit Lob:

In Serbien sei der EU-Annäherungsprozess zu einer „Schlüsselpriorität“ der Regierung geworden, lobte Rehn. „Es ist noch möglich, dass Serbien vor Ende 2009 Kandidatenstatus erlangen kann, nach dem bestmöglichen Szenario.“ Dazu sind aber weitere Reformen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und der Wirtschaft nötig. Zur umstrittenen Frage der Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal sagte der Kommissar, er warte auf die Einschätzung des UNO-Chefanklägers im Dezember.

Kroatien wiederum kann bereits im nächsten Jahr die EU-Beitrittsverhandlungen unter Bedingungen abschließen. Rehn betonte jedoch, die EU-Kommission lege „kein Beitrittsdatum“ für Kroatien fest. „Wir legen einen indikativen Zeitplan für das Öffnen und Schließen von Kapiteln vor. Die Beweislast liegt ganz klar bei Kroatien.“

Kroatien müsse vor allem Justizreformen, den Kampf gegen organisierte Kriminalität und Korruption sowie die Umstrukturierung der Schiffswerften angehen. In dem EU-Bericht wird auch der jüngste Mordanschlag in Zagreb auf zwei Journalisten kritisch erwähnt. Zwar herrsche in Kroatien generell Meinungs- und Medienfreiheit, heißt es in dem Report. Doch hätten körperliche Angriffe auf Journalisten zugenommen. Rehn mahnte indirekt auch SLOWENIEN, seine Blockade bei der Eröffnung weiterer Kapitel wegen offener Grenzstreitigkeiten mit Kroatien aufzugeben. „Das sollte als bilaterale Frage behandelt werden“, sagte er. „Das gehört nicht zum EU-Integrationsprozess.“

MAZEDONIEN, das seit 2005 offiziellen EU-Kandidatenstatus hat, muss weiter auf einen Termin für Beitrittsgespräche warten. Zwar habe das Land Fortschritte bei der Justiz- und Polizeireform verzeichnet, dies werde aber durch politische Defizite überschattet, sagte Rehn. So hätten die Parlamentswahlen in diesem Jahr „ernsthafte Mängel“ aufgewiesen.

Ein düsteres Bild zeichnete Rehn von der Entwicklung in Bosnien-Herzegowina: „Wir müssen daran arbeiten, die politische Stagnation und das Pattszenario zu überwinden.“ Dies könne nur durch eine EU-Perspektive und eine verstärkte europäische Präsenz in dem Land erfolgen. Die EU-Hauptkritikpunkte sind das mangelnde Bekenntnis führender Politiker zum Gesamtstaat und keine Fortschritte bei der Verfassungsreform.

Nach der Unabhängigkeitserklärung von Serbien im Februar dieses Jahres haben mittlerweile 22 Staaten den KOSOVO anerkannt. Die EU-Kommission lobt die neue Verfassung nach europäischem Standard. Kritik wiederum äußerten die Brüsseler Schulmeister an der fehlenden Stärkung der staatlichen Institutionen und an der schwachen Verankerung des Rechtsstaates im täglichen Leben. Der mangelnde Versöhnungswille zwischen albanischen und serbischen Kosovaren ist den EU-Offiziellen ebenfalls ein Dorn im Auge.

Albanien hat mit der Unterzeichnung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens 2006 den ersten Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft gesetzt. Seither wurden aber nur sehr kleine Reformschritte gesetzt, moniert die EU. Kritisiert werden mangelnde Rechtsstaatlichkeit und Korruption.

Womit auch der EU-Befund für MONTENEGRO auf den Punkt gebracht ist. Auch dort ist die Organisierte Kriminalität der größte Hemmschuh im Fortschrittsbericht und verzögert die weitere Umsetzung des 2007 unterzeichneten Stabilisierungs- und Assoziationsabkommens. (wm)

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