Europäische Ausbremsversuche

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Zu strengen, weltweiten Regeln für die Finanzmärkte konnten sich die politischen Eliten bislang zwar nicht durchringen. Aber ein Schritt scheint auf Schiene: Die EU-Kommission legte vergangene Woche ihren Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer vor. Auf jedes Geschäft mit Aktien soll demnach eine Abgabe von 0,1 Prozent fällig werden, auf sogenannte Derivat-Geschäfte 0,01 Prozent.

Die Steuer ist für 11 der 17 Euro-Länder geplant, Österreich und Deutschland sind mit dabei, Großbritannien und damit der Finanzplatz London nicht. Allerdings soll dem Gesetzesvorschlag der Kommission gemäß neben dem "Ansässigkeitsprinzip“ ein "Ausgabeprinzip“ gelten, damit müssten nicht nur jene die Steuer berappen, die aus einem der 11 Länder kommen, sie wäre auch für jeden Handel mit Aktien und Anleihen, die in diesen ausgegeben wurden, fällig. Die Flucht vor der Steuer auf andere Finanzplätze würde damit erschwert.

Das 60fache Volumen der Realwirtschaft

Die deutsche Regierung will in den nun anstehenden Verhandlungen über die Finanztransaktionssteuer darauf pochen, dass keine Standortnachteile für Deutschland entstehen kann und die private Altersvorsorge nicht belastet wird.

Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte am Montag in Berlin zudem den Willen der Regierung, die Steuer so rasch wie möglich umzusetzen. Angesichts anhaltender FDP-Kritik an den ersten Vorschlägen der EU-Kommission betonten auch die Sprecher des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums, dass sich die schwarz-gelbe Koalition zur Einführung der Steuer bekenne. In Summe hofft man deshalb auf ein Einnahmen-Volumen von insgesamt 34 Milliarden Euro pro Jahr. Ob das dadurch eingenommene Geld ins Budget der EU fließt oder in die nationalen Haushalte muss allerdings noch ausverhandelt werden

Die Finanztransaktionssteuer soll aber nicht nur Geld bringen, sondern auch den Handel auf den Finanzmärkten entschleunigen und eindämmen. Schließlich ist Volumen des Derivatehandels in den letzten 20 Jahren rasant angewachsen.

Machten Börsen- und Over-the-Counter-Derivate 1990 insgesamt noch das Zehnfache der globalen Wirtschaftsleistung aus, so ist das Volumen dieser zumeist hoch riskanten Finanzprodukte 2010 bereits fast 60-mal so groß wie das Welt BIP gewesen - also rund 3 Billiarden Dollar pro Jahr (siehe Grafik rechts).

Das zeigt für den Wiener Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister, "dass der überwältigende Teil dieser Geschäfte heute rein spekulativen Zwecken dient.“ (siehe Interview links) Mit dieser Absicherung gegen schwankende Preise, für die sie seit 150 Jahren eigentlich gedacht sind, haben folglich nur mehr wenige Termingeschäfte etwas zu tun. (mm)

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