Europas lange Nächte

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Als wir am vergangenen Samstag nach den Staats-und Regierungschefs der Europäischen Union mitsamt ihren eifrigen Ministranten aus der Berliner Philharmonie wieder auf die Straße gelangt waren ("Es wird gebeten, am Ende des Konzerts auf den Plätzen zu warten, bis die Ehrengäste den Saal verlassen haben"), empfing uns Dunkelheit und eine Frühlingsnacht lag vor uns.

Jetzt musste man sich entscheiden: Entweder nach Hause gehen oder sich vom Motto "Europa wird 50 - ein Grund zum Feiern" verführen lassen. Für das Jubiläum der "Römischen Verträge" hatte sich das deutsche Außenministerium einiges einfallen lassen. Man konnte sich in einer Europa-Nacht der Schönheit in den Museen Berlins verlieren oder sich einer Europäischen Clubnacht hingeben. Immerhin machten 30 Bands und 100 DJs aus den 27 EU-Ländern in 35 Berliner Clubs Musik. Im Roten Salon der Volksbühne legten die österreichischen DJs auf, aber nicht irgendeinen Ösi-Sound, sondern Indie, Britpop und Electro.

Lange Nacht der Museen, der Musik, der Wissenschaft - so was lockt das Publikum an. Es stehen aber nicht alle langen Nächte in der Zeitung, die lange Nacht des Rosenkranzbetens etwa, des Babyberuhigens, des Nichteinschlafenkönnens oder des Medikamente-Reichens, da ist gar nicht so ein Andrang.

Blair, Chirac, Prodi, Merkel und Gusenbauer verköstigten sich mit all den anderen bei Bundespräsident Köhler. Ich aber entwarf im städtischen Bus lange Nächte für Kaiserschmarrn, Eisstockschießen und Hundekotbeseitigung. Aber bitte, was ist das? Am Wittenbergplatz, Kurfürstendamm, überall hellerleuchtete Geschäfte!? Ach, ganz vergessen, heute ist ja auch noch Die lange Nacht des Shoppings.

Der Autor arbeitet am Kulturforum der Österreichischen Botschaft in Berlin.

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