Europas Zeitungs-Zukunft

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Die Hiobsbotschaften vom Niedergang großer US-Tageszeitungen häufen sich. Sie werfen eine entscheidende Frage auf: Welche der amerikanischen Trends werden auch nach Europa kommen, und was wird hier anders laufen? Die technologischen Innovationen, mit denen wir uns auseinanderzusetzen haben, sind im Prinzip dieselben – aber es gibt eben auch kulturelle Unterschiede im Umgang mit ihnen. Vermutlich wird sich beispielsweise im deutschsprachigen Raum nicht im gleichen Maße eine Kultur der Blogger und „citizen journalists“ entwickeln wie in den USA. Otto Normalbürger ist im alten Europa einfach weniger mitteilungsbedürftig als Joe Sixpack. Es gibt bei uns auch weniger Misstrauen gegen die „mainstream media“ als in der jungen, webaffinen Generation Amerikas. Der Fehler, alles gratis ins Netz zu stellen, was man gedruckt noch verkaufen wollte, wurde ebenfalls nicht so flächendeckend begangen wie in den USA. Also sollte die „Rolle rückwärts“ zu bezahlten Onlineangeboten auch leichter vollführbar sein, wenn sich Journalismus weder durch Werbung noch durch zahlende Abonnenten gedruckter Medienprodukte mehr querfinanzieren lässt.

Last, not least haben viele europäische Zeitungen noch nicht im gleichen Maße an Qualität eingebüßt. Der beklagenswerte Zustand in den USA ist allerdings die Folge radikaler Kürzungen; viele US-Zeitungshäuser haben sich in atemberaubendem Tempo selbst zerstört. In Revolutionen, so der US-Medienexperte Clay Shirky, zerbreche das Alte oftmals schneller, als das Neue sichtbar werde. Der Qualitätsjournalismus wird fraglos den Niedergang der gedruckten Zeitung überleben. Vermutlich werden wir allerdings die Basislektion jedweder Ökonomie neu lernen müssen: „There is nothing like a free lunch.“ Anspruchsvolle geistige Nahrung wird es auch im Internet auf die Dauer wohl nur gegen Bezahlung geben.

* Der Autor ist Kommunikationswissenschafter in Lugano/CH

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