Existenzielle Stärkung

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Statistisch gesehen wird jeder einmal mit einer Krebserkrankung konfrontiert werden - sei es als Betroffener oder als Angehöriger und Nahestehender. Gerade im Fall unabänderlichen Schicksals und nicht mehr heilbarer Erkrankung drängen sich existenzielle Sinnfragen auf. In einer solchen Situation suchen Menschen nach tief gehenden Antworten und hoffen, ohne Bedingung verstanden zu werden. Insofern erscheint Viktor Frankls Sinn-orientierte Psychotherapie für Patienten mit Krebs und anderen schweren Erkrankungen a priori gut geeignet. Heute zeigt eine wachsende Reihe moderner Studien, wie die von Frankl begründete Logotherapie im klinischen Kontext nützlich sein kann.

So berichtete William Breitbart vom New Yorker Sloan-Kettering-Krebszentrum beim Zweiten Viktor Frankl-Weltkongress in Wien, dass speziell für Krebspatienten logotherapeutisch fundierte Gruppen- und Einzeltherapien entwickelt wurden: "Diese Interventionen zielen darauf ab, bei den Patienten das Gefühl von Sinnhaftigkeit und Frieden zu bewahren oder noch zu verstärken, auch wenn sie sich dem Lebensende nähern." In der Betreuung von Patienten im Endstadium seien existenzielle Lebensthemen geradezu omnipräsent. Neben der Symptom-Kontrolle und dem Schmerzmanagement sind daher in den letzten Jahrzehnten auch Ansätze aus der humanistischen Psychologie relevant geworden. Solche Ansätze unterstreichen die Bedeutung existenzieller und spiritueller Themen wie Hoffnung und Sinnfindung als wichtige Ressourcen, um dem körperlichen und emotionalen Leiden begegnen zu können. Breitbart verwies auf die mit seinem Team durchgeführten Studien, wonach etwa eine Sinn-orientierte Gruppentherapie bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren das Gefühl existenzieller Sinnhaftigkeit und "spirituellen Wohlbefindens" im Vergleich zu einer Standard-Gruppentherapie signifikant verbessern konnte. Dies ging mit deutlichen Verbesserungen typisch klinischer Messgrößen wie Angst oder "Todessehnsucht" einher.

Auch in der Krankenhausseelsorge haben Frankls Ideen Eingang gefunden. "Der Schmerz über die Endlichkeit des Lebens ist die eigentliche Ursache für einen immer noch häufigen 'sinnlosen' Aktionismus im Umgang mit Palliativpatienten, und macht es diesen Patienten schwer, auf die Rahmenbedingungen ihres Sterbens Einfluss nehmen zu können", so die Klinikseelsorgerin Corinna Schmohl. Sinn-orientierte Seelsorge kann auch in dieser Phase Reifungsprozesse unterstützen: "Frankls Gedanke, dass die Vergänglichkeit unseres Daseins das Leben gerade nicht sinnlos, sondern vielmehr kostbar macht, ist für viele Patienten im Rückblick auf ihr Dasein tröstlich und stärkend."

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