Facebook, Twitter & Co: Kirche und Social Media

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Das Web 2.0 wird immer beliebter, auch die etablierten Kirchen nutzen die sozialen Medien, um mit ihren Mitgliedern in Kontakt zu bleiben.

"Welches ist Ihr Lieblingsbier?“, "Was ist eine Nottaufe?“ oder "Was halten Sie von Robotern?“ - auf der Webseite www.fragdenkardinal.at können Menschen seit etwa einem Jahr mittels Videobotschaften Fragen an den Wiener Kardinal Christoph Schönborn richten. Mit ein bisschen Glück antwortet dieser dann auch - selbstverständlich ebenfalls mit Video. Ziel sei es, "die Kommunikation mit dem Kardinal strukturiert zu ermöglichen“, heißt es im Impressum der Homepage.

"Kommunikation zu ermöglichen“ - unter diesem Schlagwort lassen sich das sogenannte Web 2.0 und die Social Media gut zusammenfassen. Wikipedia, Blogs, Twitter, Youtube und Facebook - um nur einige zu nennen - laden im Internet nicht nur zum passiven Konsumieren ein, sondern bieten eine breite Plattform, Netzinhalte selbst zu gestalten und mit anderen in Kontakt zu treten. Ganz gleich, ob man einen Artikel im Internetlexikon Wikipedia erstellt, auf einem Blog eigene Gedanken und Geschichten veröffentlicht oder seine selbstgedrehten Filme auf dem Videoforum Youtube präsentiert: immer geht es darum, mit anderen Internetnutzern in Kontakt zu kommen und in Verbindung zu bleiben.

Kirchen entdecken neue Potenziale

Auch die christlichen Kirchen haben das Potenzial entdeckt und versuchen, über die sozialen Medien an ihre Mitglieder heranzukommen. Neben "Frag den Kardinal“ finden sich kirchliche, katholische Angebote auch auf Facebook, Papst Franziskus verschickt regelmäßig Kurznachrichten via Twitter um die ganze Welt und auf der Internetseite der katholischen Kirche in Österreich kommentieren Persönlichkeiten aus der Kirche das aktuelle Geschehen in der Welt wie in der Kirche in ihren eigenen Blogs. Auch die protestantischen Kirchen nutzen die modernen Medien, so sind etwa auch die evangelischen Kirchen in Österreich auf Facebook vertreten. Selbst eine in Österreich verhältnismäßig kleine Gemeinde wie die koptisch-orthodoxe Kirche nutzt fleißig den Kanal, um über ihre Aktivitäten zu informieren und ins digitale Gespräch zu kommen.

Dabei überlassen die verantwortlichen Personen in den Kirchen nichts dem Zufall. Am Werk sind Expertinnen und Experten, die sich intensiv und regelmäßig mit dem Thema beschäftigen. Der fachliche Austausch geschieht dabei beinahe selbstverständlich über die Konfessionsgrenzen hinweg. Im vergangenen November trafen sich Social Media-Fachmänner und -frauen zum Thema "Kirche und Web 2.0“ zu einem Barcamp in Linz - einer Tagung, die von den Teilnehmern eigenverantwortlich gestaltet wird. Diese Woche treffen sich Christinnen und Christen aus ganz Europa in Dublin zur "European Christian Internet Conference“. Referate und Workshops zum Thema "Kirche in Online- und Offline-Kulturen“, "Neue Trends und zukünftige Entwicklungen“ oder etwa "Auswirkungen moderner Medien auf die Kirchen“ stehen am Programm.

Eine dieser Expertinnen ist Andrea Mayer-Edoloeyi, Social Media Managerin im Kommunikationsbüro der Diözese Linz und für die Katholische Aktion Oberösterreich. Die Theologin beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren mit Social Medias, im Internet kann ihre aufschlussreiche Diplomarbeit zum Thema "Digital Natives und kirchliche Kommunikation. Netzinkulturation als Pastoral in einer medial vermittelten Lebenswelt“ nachgelesen werden. Für Mayer-Edoloeyi ist es selbstverständlich, dass Kirche in den Social Media, etwa auf Facebook, aktiv ist.

Social Media sind Lebenswelt

"Die Social Medias gehören immer mehr zur Lebenswelt der Menschen. Darum ist es gut und wichtig, dass Kirche dort ist, um mit den Menschen zu kommunizieren und für sie ansprechbar zu sein. Mittlerweile werden diese Plattformen von Menschen fast aller Altersschichten verwendet“, erklärt Mayer-Edoloeyi. Allerdings gebe es unterschiedliche Nutzungsstile. Ganz grob könne man zwischen den sogenannten "Digital Natives“ und "Digital Immigrants“ unterscheiden, also jenen, die Internet und Web 2.0 ganz selbstverständlich verwenden und in ihren Alltag integriert haben und jene, die sich mit der neuen Technologie schwer tun. "Für die erste Gruppe gilt: Man ist online, man geht nicht online! Das sei aber keine Frage des Alters.“

Dass beim Thema Social Media alle sofort an Facebook denken, sei ein Fehler, so Mayer-Edoloeyi. Zwar seien nach wie vor viele Menschen auf dieser Plattform aktiv und unterwegs, in den vergangenen Jahren habe aber ein Wandel stattgefunden. Waren es früher vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, die auf dieser Seite miteinander kommunizierten, benutzen es heute eher Menschen zwischen 30 und 55 Jahre. Doch nicht nur deswegen sei der alleinige Fokus auf Facebook ein Fehler. "Für die kirchliche Arbeit ist es nicht entscheidend, wo die meisten Menschen sind, die Masse ist nicht relevant für die Aktivitäten in den sozialen Medien. Entscheidender ist es zu schauen, wo jene Gruppe aktiv ist, mit der ich eigentlich in Kontakt treten mag“, sagt die Expertin. Ihrer Erfahrung nach ist es eher möglich, Menschen zu erreichen, wenn man mit konkreten Projekten arbeitet. Grundsätzlich würden aber in erster Linie jene Personen erreicht, die bereits irgendeine Form von Kirchenbindung haben.

Neue Kommunikationskanäle

"Die sozialen Medien ermöglichen Kontaktpflege mit jenen Menschen, die vielleicht nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen oder sonst regelmäßig in der Pfarre sind. Die Kommunikation findet jedenfalls sehr dezentral statt. Schließlich steht auch hier die persönliche Kommunikation im Vordergrund“, ist Mayer-Edoloeyi überzeugt. "Es geht nicht darum, die Kirche oder die Pfarre zu kommunizieren, sondern das Evangelium.“ Um Kommunikation geht es auch bei den Blogs, die seit einigen Monaten regelmäßig auf der Internetseite der katholischen Kirche veröffentlicht werden.

"Ziel des Blog-Portals ist es, eine Plattform für einen niveau- und respektvollen Dialog, im Idealfall natürlich für einen Diskurs, zu bieten“, erklärt Henning Klingen, der für die Internetseite www.katholisch.at verantwortlich ist. Man kann es durchaus als einen Versuch bezeichnen, Neuevangelisierung modern zu buchstabieren. Ohne Brechstange, sondern im Diskurs. Ohne Kanzel-Allüren, sondern auf Augenhöhe“, sagt Klingen und betont: "Wer diese neuen Möglichkeiten verkennt, der verkennt den kommunikativen Auftrag des Evangeliums.“ Auch der neu gestaltete Internetauftritt der katholischen Kirche Österreichs habe Elemente des Web 2.0 integriert, so könne man etwa Artikel kommentieren oder durch einen einfachen Klick Freunden auf Facebook oder Twitter weiterempfehlen.

Medien- wie Kirchenexperten sind sich einig, dass es sich bei den sozialen Medien und dem Web 2.0 nicht bloß um einen kurzlebigen Trend, sondern um einen etablierten Kommunikationskandal handelt, den die Kirchen nutzen sollten. Und - last but not least - das Lieblingsbier von Erzbischof Schönborn kommt aus der Schweiz und heißt, wie könnte es anders sein: "Cardinal“.

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