Fallfehler als Treppenwitz

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Im beliebten, weil kostenlosen Wiener U-Bahn-Intellektuellenblatt Heute fand ich jüngst die Schlagzeile "Straßenmarkierung mit Schreibfehler". Ein neuartiges "Achtung, Treppe"-Zeichen, das ein stiegensteigendes Strichmännchen zeigt, sei mit dem grammatikalisch falschen Zusatz "In 25 Meter" versehen worden.

Jetzt stelle ich mir vor, wie sprachbewusste Passanten just über eine Markierung stolpern, die sie vor dem Stolpern bewahren soll. Man kann sich darüber freuen, dass die Stadtverwaltung unermüdlich nach neuen Quellen potenzieller Bürgergefährdung fahndet, und sich fragen, wer eigentlich die Zielgruppe für solche Warnhinweise darstellt: Menschen jenseits der Schrittgeschwindigkeit? Komatrinker aller Altersstufen? Blinde sind es offensichtlich nicht.

Mich interessiert hier aber der Fallfehler bei der Sturzprävention, der amtliche Verstoß gegen die Amtssprache dieses Landes, das Deutsche also, mögen auch die Amtstitel - siehe "Airchief" - längst englisch sein. Der Verstoß richtet sich konkret gegen einen Fall, dem von Rechts wegen alle sonst für bedrohte Völker reservierten Sympathien gebühren: gegen den Dativ. Nun geht gewiss das Abendland nicht unter, wenn man ihn malträtiert. Aber das Wohlbefinden gar nicht so weniger Menschen wird doch empfindlich beeinträchtigt.

Die Dativ-Folter wird nämlich auch dort praktiziert, wo man sich mit öffentlich-rechtlicher Bildungsbürde brüstet. Ich jedenfalls kann mich nicht mehr auf den Fernseh-Wetterbericht konzentrieren, weil mich die Erwartung der "in 1000 Meter" erwarteten Temperaturen schon im voraus zusammenzucken lässt. Ein Bekannter hat dem Kundendienst geschrieben und um Gnade gewinselt. Ohne Erfolg.

Beim Treppenwitz in Wien gibt es jedoch noch Hoffnung, dass ein "n" dazugepinselt wird. Es ist ein Pilotprojekt - bis jetzt leidet nur Mariahilf.

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