Fasziniert von Kunst und Religion

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"Die Sammlung Rombold": Eine Ausstellung der Neuen Galerie der Stadt Linz liefert eine spannende Auseinandersetzung mit der Kunst des 20. Jahrhunderts.

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"Die Sammlung Rombold": Eine Ausstellung der Neuen Galerie der Stadt Linz liefert eine spannende Auseinandersetzung mit der Kunst des 20. Jahrhunderts.

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Kunst und Religion sind die großen Faszinationen meines Lebens." Voll Enthusiasmus spricht der 74jährige Günter Rombold von den beiden Polen, um die sein Leben kreist. Von Jugend an fragte der Linzer Priester, emeritierte Hochschulprofessor und zugleich bedeutende Kunstsammler nach dem Verhältnis von Kunst und Religion.

Die Liebe zur Kunst wurde durch die Familie geweckt. Sein Berliner Verwandter Max Fischer hatte eine umfangreiche Sammlung expressionistischer Kunst. In seinem Haus lernte der damals Achtjährige Alfred Kubin kennen, der für ihn später zum prägenden Künstlerfreund wurde. Der Wunsch, Theologie zu studieren und Priester zu werden, entstand während der Kriegsjahre - infolge der erschütternden Erlebnisse als Soldat.

Daß man ein Leben als Theologe mit dem eines Kunstsammlers verbinden kann, das wurde Rombold durch die Begegnung mit Otto Mauer im Jahr 1955 bei der ersten "Internationalen Künstlertagung" bewußt. Seit damals trat er in dessen Fußstapfen - wurde zum wichtigsten Vermittler zwischen zeitgenössischer Kunst und Religion in Österreich in der Nachfolge Otto Mauers. Den Dialog initiierte Günter Rombold auf verschiedenen Ebenen: durch ständige Sammlertätigkeit und viele persönliche Gespräche mit Künstlern wie Arnulf Rainer, Josef Mikl und Markus Prachensky. Als Vorsitzender der Otto Mauer-Preis-Jury ergab sich der Kontakt zu vielen jungen Künstlern.

Durch Vorträge, Bücher und seine Lehrtätigkeit als Professor an der Katholisch-Theologischen Hochschule in Linz wurde Günter Rombold über die Grenzen Österreichs bekannt. 1984 gründete er das "Institut für Kunst und Kirchenbau" als Ort der theoretischen Reflexion zum Verhältnis von Kunst und Theologie. Das Institut erhielt seine Sammlung als Leihgabe, damit die Studenten im Umgang mit Originalen ihren Blick für die Qualität von Kunst schulen können. Durch die Herausgabe der Zeitschrift "Kunst und Kirche" führte Rombold den Dialog auch auf publizistischer Ebene. Als Ausstellungsmacher rückte er 1981 ins Licht der Öffentlichkeit, als er gemeinsam mit dem Direktor der Neuen Galerie in Linz die Ausstellung "Das Christusbild im 20. Jahrhundert" gestaltete.

Ein zweites Mal haben Peter Baum und Günter Rombold nun ein Projekt in Angriff genommen. Die Vielfalt und Qualität der mehr als 600 Werke umfassenden "Sammlung Rombold" wird erstmals einer breiten Öffentlichkeit gezeigt. Unter dem Titel "Expression und Meditation" präsentiert die Neue Galerie in Linz eine Auswahl an 250 Graphiken und Bildern. Die Liste der dabei vertretenen Künstler ist lang und reicht von James Ensor und Alfred Kubin bis zu Arnulf Rainer, Alfred Hrdlicka und Hubert Schmalix.

Der Gang durch die von Peter Baum spannungsvoll gehängte Ausstellung bedeutet Auseinandersetzung mit der Kunst des 20. Jahrhundert - aus der Sicht eines Sammlers mit seinen persönlichen Neigungen. Dazu Rombold: "Ich habe nie nur nach theoretischen Prinzipien gesammelt, sondern das erworben, was mir gefallen hat oder mich zur Auseinandersetzung gereizt hat".

Die Ausstellung läßt unterschiedliche Interessen erkennen: an expressiven Tendenzen, an meditativen Exponaten, an biblischen Themen und existentiellen Fragestellungen. Lovis Corinths "Pieta" oder Siegfried Anzingers "Hiob" sind nur zwei der vielen Werke, die sich auf Bibelstellen beziehen. Die Begeisterung für das Expressive führte zu einer großen Kollektion von Graphiken deutscher Expressionisten wie Max Beckmann, Käthe Kollwitz und Erich Heckel. In Erinnerung bleiben Max Beckmanns düstere Selbstporträts, Oskar Kokoschkas psychologisierende Mädchendarstellungen oder die skizzenartigen "Rückenakte" von Ernst Ludwig Kirchner.

Auch beim Ankauf gegenwärtiger Kunst legte der Sammler den Akzent auf Expressives - sichtbar an Arbeiten der ehemals "Neuen Wilden" wie Siegfried Anzinger, Gunter Damisch oder Hubert Scheibel.

An Günter Rombold überzeugt die subtile Art im Umgang mit dem heiklen Thema Kunst und Religion. Die Sammlung spiegelt das hohe Kunstverständnis und die Bereitschaft, sich den stets neuen Fragestellungen der Kunst unvoreingenommen zu stellen.

Bis 16. Mai 1999

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