Feminismus und Religion vereinbar

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Mit einem "Manifest für eine differenzierte Debatte um Religion und Frauenrechte“, das am 18. Jänner veröffentlicht wurde, will der schweizerische interreligiöse Thinktank darauf aufmerksam machen, dass "Weibliche Freiheit und Religion vereinbar sind“. Frauen aus unterschiedlichen Religionsgemeinschaften wollen in der derzeitigen Situation, geprägt von Vereinnahmung religiöser Traditionen durch patriarchale Definitionsmacht und Gleichsetzung von Religiosität mit Frauenfeindlichkeit und Rückständigkeit, eine differenzierte Debatte anstoßen.

"Als religiöse und interreligiös engagierte Frauen sind wir überzeugt, dass Religion für ein gutes menschliches Zusammenleben auch in Zukunft wichtig sein wird. Doch es braucht eine Klärung, was wir unter Religion verstehen“, heißt es zu Beginn der Erklärung. Nicht zuletzt, weil die real existierenden Religionen ambivalent seien. Zwar hätten sie Kräfte der Sinnstiftung, gleichzeitig berge Religion immer auch dann ein Potenzial für Gewalt, wenn ihre Anhängerinnen und Anhänger einen Exklusivitätsanspruch vertreten würden.

Gegen Bevormundung muslimischer Frauen

Die Bevormundung muslimischer Frauen durch Feministinnen, wonach alle Kopftuchträgerinnen als das "unemanzipierte Andere“, als unterdrückte Mitbürgerinnen wahrgenommen werden, wird in dem Manifest schlicht abgelehnt. Vielmehr sehen die Autorinnen darin ein Ablenkungsmanöver, mit dem reale Diskriminierungen in unserer Gesellschaft verschleiert werden und scheuen nicht davor zurück, bekannte Feministinnen zu kritisieren: "Es zeugt von Geschichtsvergessenheit und mangelnder analytischer Schärfe, wenn Feministinnen wie Alice Schwarzer, Julia Onken oder Necla Kelek in ihrer Islamkritik keinen Unterschied machen zwischen Religion im oben genannten Sinn und patriarchalen Auslegungen religiöser Traditionen“.

Dabei seien es gerade auch religiöse Frauen gewesen, die, neben den säkularen Frauenverbänden, zum Aufbruch westlicher Frauen im 19. und 20. Jahrhundert beigetragen hätten. Denn Religionen seien "in ihrer institutionellen Ausgestaltung mithin nicht nur Quellen der Unterdrückung, sondern auch der Befreiung“. Gerade in den Anfangszeiten der jeweiligen Religionsgemeinschaft sei dies zu spüren gewesen: Die Prophetinnen des Alten Testaments, die Jüngerinnen und Missionarinnen in der christlichen Urgemeinde und die Anhängerinnen und Unterstützerinnen des Propheten im Islam würden davon Zeugnis geben.

Für die aktuelle Debatte wünschen sich die acht Autorinnen des Manifests - Amira Hafner-Al Jabaji, Doris Strahm, Gabrielle Girau Pieck, Tanja Esther Kröni, Rifa’at Lenzin, Irene Neubauer, Heidi Rudolf sowie Reinhild Traitler - jedenfalls, dass Religion nicht mit Unaufgeklärtheit gleichgesetzt und zwischen Religion und kulturspezifischen Ausdrucksformen unterschieden werde.

www.interrelthinktank.ch

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