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Die Begegnung von Werner Berg und Emil Nolde, zu sehen in Bleiburg.

Die Werner Berg Galerie der Stadt Bleiburg, eine segensreiche Stiftung, die als künstlerischer Anziehungspunkt weit über die eigene Region hinaus ausstrahlt, hat sich in diesem Sommer Großes vorgenommen. Noch bis zum 15. Oktober zeigt sie die Doppelausstellung Emil Nolde und Werner Berg und knüpft damit an die (in einer umfangreichen Korrespondenz dokumentierten) persönlichen Begegnungen der beiden Maler in Berlin zwischen Herbst 1931 und Frühjahr 1934 an. Sie wird aus Anlass der 50. Wiederkehr des Todestages von Emil Nolde und des 25. Todestages von Werner Berg veranstaltet und vereinigt Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken beider Künstler - die Emil Noldes sind großzügige Leihgaben der Stiftung Ada und Emil Nolde in Seebüll.

Zwei Einzelgänger

Eine Überraschung war es eigentlich nicht. Die Begegnung von Werner Berg und Emil Nolde, der für Berg lange nicht nur künstlerisches, sondern auch menschliches Vorbild war (obgleich er sich selbst niemals als dessen Epigonen sah), konnte einfach nicht gut gehen. Nicht weil die beiden Menschen so gegensätzlich, sondern weil sie in ihrem Charakter einander so ähnlich waren. Beide waren Einzelgänger, Eigenbrötler, kontaktscheu, im Umgang mit anderen ungeschickt, und in beiden Fällen waren es die Frauen, die Wege ebneten, Schwierigkeiten beiseite räumten, Beziehungen aufrecht hielten.

Emil Nolde hat (außer in seinen frühen St. Gallener Jahren, und da auch nur unwillig) nie als Lehrer gewirkt, er hatte keine Schüler (wenn er es auch gerne gesehen hätte, wenn in der nächsten Generation der eine oder andere seinen Idealen gefolgt wäre) und auch mit Künstlerkollegen (wie den Malern der "Brücke") hat er bald gebrochen. Da bedeutete es fast ein Wunder, dass er den jungen Werner Berg, der brieflich Kontakt suchte, sogleich akzeptierte und in sein Berliner Winterquartier einlud. Vielleicht hat ihn - der in Schleswig die vollkommene Einsamkeit suchte - Bergs Entschluss, den abseits gelegenen Rutarhof im Kärntner Unterland zu erwerben und dort eine bäuerliche Existenz zu wagen, fasziniert. Dieser Entschluss war so etwas ganz anderes, als er sonst in der Kunstszene beobachtete. Werner Berg hat die Beziehung dann Anfang 1934 abrupt abgebrochen, aus Gründen, die bis heute nicht ganz aufgeklärt sind und über die auch der schön gestaltete Katalog nur Mutmaßungen bieten kann.

Ein wesentliches Kapitel der Ausstellung, die Konfrontation von Ölbildern mit Motiven, die beide Maler beschäftigten, ist im noch nicht lange bestehenden hofseitigen Erweiterungsbau des alten Bürgerhauses, einer kleinen Kunsthalle, untergebracht. Sie stammt vom Architekten Peter Fleiß aus Gablitz und wurde kürzlich mit einem Anerkennungspreis des Kärntner Architekturpreises ausgezeichnet. In diesem modernen Galerieraum treffen nun die gemeinsamen Themen aufeinander: Menschen und Menschenpaare, Landschaften, Blumenstücke. Menschen und Blumen zeigen bei Nolde und Berg verwandte Züge, die Landschaften dagegen markieren schon auf den ersten Blick Gegensätze: dort die endlose Tiefebene, in deren Himmel sich Wolken dramatisch türmen, als wollten sie mögliche Gebirgsformationen übertreffen, hier die mitunter schroffe Bergwelt der Karawanken - aber zugleich unübersehbar dort wie hier die Suche nach Heimat.

Was Werner Berg wohl zuallererst an Emil Nolde fasziniert hat, war der Einsatz der Farbe. Nolde hat in seinen Bildern die Farbe zu kaum glaublicher Intensität gesteigert und seine Motive dadurch immer wieder jedem irdischen Kontext entrückt. Diese Kraft der Farbe hat Werner Berg, soviel er von Nolde gelernt haben mag, nie erreicht, und er wollte sie wohl auch gar nicht erreichen. Bei näherer Betrachtung zeigen sich dann im Werk beider Künstler, in ihrer Weltauffassung und ihrem Temperament, gravierende Unterschiede. Noldes Bilder glühen und leuchten von innen heraus, das Licht Werner Bergs dagegen kommt immer von außen, auch wenn er nächtliche Szenen besonders liebt, erhellt von Mondlicht, Schneelicht, Lampenlicht, Scheinwerferlicht.

Gemeinsam & gegensätzlich

Nolde neigte zur Ekstase, Berg war nüchterner, sachlicher, diesseitiger. Manche Figuren Noldes scheinen in der Zeitlosigkeit zuhause, Berg dagegen sucht das Mythische nicht in der Entrückung, sondern im Alltäglichen und (scheinbar) Banalen. Er übersetzt alle Anregungen ins Hier und Jetzt seiner Umgebung, ins Dasein im Unterkärntner Land. Berg fehlte die Einbildungskraft Noldes. Er brauchte die ständige Anschauung des Wirklichen. Fast genussvoll zeigt er (woran der anschließende Rundgang durch die anderen Säle der Werner Berg Galerie erinnert) z.B. in den Bildern geschlachteter Schweine die blutigen Seiten seines Alltags. Bei Berg gibt es anders als bei Nolde kein Wirken chthonischer Mächte, nichts ist wie in Trance gesehen, nie tauchen phantastische Figurationen auf.

So wird es verständlich, dass sich Werner Berg auch im politischen Leben für seine Umwelt engagierte und (nicht nur im leider wieder akut gewordenen Streit um zweisprachige Ortstafeln) Partei ergriff für die Belange der slowenischen Minderheit, die ihm als wertvolle Bereicherung des Lebens in Kärnten erschien. Diesem Engagement entspricht auch der chronikhafte Zug seines Werkes, der gerade neben den in anderen Zonen beheimateten Bildern Emil Noldes deutlich wird - als hätte Berg seine künstlerische Aufgabe in der Zeugenschaft gesehen: so war es.

Emil Nolde - Werner Berg

Werner Berg Galerie

10. Oktober-Platz 4, 9150 Bleiburg

www.berggalerie.at

Bis 15. 10. Di 14-17, Mi-So 10-12 und 14-17 Uhr

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