Feuerprobe im Weltraum

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Es sind nicht nur die Jahrestage der großen Kriege, an die im Jahr 2014 zu erinnern ist. Man könnte auch eine andere Geschichte beleuchten, die vor rund 60 Jahren ihren Ursprung genommen hat: Die Story der modernen Solarenergie, die heute, gerade angesichts der Ukraine-Krise, gern als Ausweg aus der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen diskutiert wird. Eigentlich ist diese Geschichte mindestens 6000 Jahre alt und beginnt etwa mit kleinen Bronzespiegeln zum Feuer-Machen, wie John Perlin, der "Historiograph der Solarenergie", in seinem letzten Buch "Let it shine" (2013) dargestellt hat. Das jüngste Kapitel dieser Geschichte aber liefert, wie Perlin zeigt, bereits genügend Stoff - und dieses führt ins Weltall und wieder zurück.

1954 hatte der angekündigte Durchbruch mit den ersten technisch interessanten Silizium-Solarzellen so viel mediale Aufregung hervorgerufen, wie es selbst unter den Erfindungen der amerikanischen "Bell Laboratories", damals eines der erfolgreichsten Forschungslabors, außergewöhnlich war. Der U.S. News &World Report spekulierte darüber, dass Silizium-Solarzellen mehr Energie bereit stellen könnten als die weltweiten Kohle-,Öl-und Uran-Vorkommen zusammen. Der immense Preis einer Ein-Watt-Zelle (damals mehr als 280 Dollar) aber verhinderte von vornherein, dass die Solarenergie mit Kohle, Öl oder Gas auch nur annähernd konkurrieren konnte.

Solarstrom für Satelliten

Der große Bedarf der neuen Erfindung wurde aber bald ganz woanders gesehen. Das US-Militär machte damals Geheimpläne, einen Satelliten in die Erdumlaufbahn zu bringen, und solche Manöver erschienen als ideales Einsatzgebiet für die Solarenergie -ungetrübt vom periodischen Dunkel der Nacht und den Bewegungen der Wolken. 1958, ein Jahr nach dem sowjetischen Konkurrenzprojekt der Sputnik, war es dann soweit: Die USA brachten den weltweit ersten Satelliten mit Photovoltaik-Zellen zum Betrieb eines Senders in die Erdumlaufbahn. Der Wert der neuen Erfindung trat hier sonnenklar zutage: Wider Erwarten waren die Sender-Signale über mehr als sieben Jahre zu vernehmen, während etwa die Batterien in der Sputnik bereits nach einigen Wochen versiegt waren. Solarzellen erlangten eine herausragende Bedeutung bei der Durchführung von Weltraum-Programmen.

Der unerwartete Bedarf im Weltall regte nun erneut Bemühungen an, Solarzellen auch am Boden dieses Planeten nutzbrin gend zu verwenden: Dies geschah in den 1970er-Jahren zunächst in Energie-technisch entlegenen Gebieten, später auch zum Betrieb von Signalanlagen auf Ölbohrinseln oder für die amerikanische Küstenwache.

Heute wächst die weltweite Photovoltaik-Installation, unbeeindruckt von allen Krisen, jährlich um zirka 20 bis 30 Prozent. Und die Solarenergie gilt heute mehr denn je als Hoffnungsträger -nicht nur für eine saubere Energiezukunft, sondern auch für eine friedlich und demokratische Welt. Dies jedenfalls betont eine Allianz internationaler Experten (darunter auch der österreichische Physiker und Solarzellen-Pionier Niyazi Serdar Sariciftci; vgl. Beitrag rechts), die bei der letztjährigen Konferenz "Sonnenenergie für den Weltfrieden" in Istanbul eine Petition vorgelegt hat. Die Menschheit wirke heute wie ein "Junkie", der von fossilen Energien abhängig ist, heißt es darin. Während nukleare und fossile Energiequellen mit Katastrophen, Kriegen, Ungerechtigkeiten und "Power-Politik" verstrickt seien, könne die Solarenergie niemals monopolisiert werden: "Die Menschheit braucht dezentralisierte Solarenergie für die Verwirklichung der globalen Demokratisierung."

Forscher arbeiten heute daran, die Ära der Silizium-Solarzellen durch Erprobung neuer Materialien mit Effizienz-und Kostenvorteilen abzulösen. Die großflächige Anwendung der Solarenergie wird, so die Lehre der Geschichte, von ökonomischen Kriterien abhängig sein. "Irgendwann werden sich die steigenden Fossil-Energiepreise und die fallenden Solar-Energiepreise kreuzen", ist Sariciftci überzeugt.

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