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LITERATUR

E. L. Doctorow

Für seinen polyphonen New York-Roman "City of God"(2000), den er schrieb, als das World Trade Center noch stand, diente der "Gottesstaat" ("De Civitate Dei") von Augustinus als Vorlage. Religiöse, naturwissenschaftliche, erkenntnistheoretische und philosophische Weltanschauungen werden darin diskutiert, in Form von Vorträgen, E-Mails, theoretischen Abhandlungen, Essays, Prosa, Poesie, Liedern und Drehbuchentwürfen. Die Liebesgeschichte zwischen einer Rabbinerin und einem anglikanischen Priester konfrontiert die beiden Religionen miteinander. Wesentliches Motiv hier und auch in anderen Werken Doctorows: der Zweifel. Denn feste Überzeugungen können rasch zum Töten führen. Auch in seinen Kurzgeschichten, etwa in "Sweet Land Stories" (2004), die unter anderem von der Unmöglichkeit einzelner erzählen, den amerikanischen Traum zu verwirklichen, findet sich der Zweifel, selbst wenn er fehlt: Ein Sektenmitglied kann nicht einmal durch das Verschwinden des Anführers mit der eigenen Ehefrau zum Zweifeln gebracht werden.

In seinem Roman "Der Marsch" (2005) erzählt E. L. Doctorow vom amerikanischen Bürgerkrieg, der den Sklaven Freiheit brachte und vermutlich über 600.000 Menschen das Leben kostete. Das Werk folgt General Sherman bei den letzten großen Offensiven gegen die Konföderierten. Der Autor gab dem Chaos des Krieges, dem Durcheinander, der unaufhaltsamen Bewegung und Verwüstung entsprechende Form. Im Roman begegnen einander viele Personen, die alle irgendwie vom Krieg betroffen sind: von ihren Plantagen verjagte Gutsbesitzerinnen ebenso wie plündernde Soldaten und plötzlich herrenlos gewordene Sklaven, die noch nicht recht wissen, wohin mit sich und ihrer Freiheit. General Sherman wiederum weiß nicht, was tun mit den vielen freigelassenen Sklaven, die seine Truppen begleiten -und stören. Beschrieben wird "ein Krieg nach einem Krieg, ein Krieg vor einem Krieg".

Der 1931 im New Yorker Stadtteil Bronx geborene Autor erzählte in seinen Werken eben nicht einfach nur Geschichte, er erkundete mit ihr auch amerikanische Gegenwart. Und er erzählte nicht historisierend, sondern -wenn man schon ein Etikett benutzen möchte -postmodern, er experimentierte mit Erzählweisen.

1960 erschien mit "Willkommen in Hard Times" sein erster Roman. "Ragtime" (1975) wurde von Milos Forman verfilmt, "Billy Bathgate" (1989) von Robert Benton. Edgar Lawrence Doctorow, der in Ohio und an der Columbia-Universität in New York studierte, lebte auch in Deutschland, wo er für die US-Armee stationiert war. Der Schriftsteller, zu dessen Lesern sich auch der amerikanische Präsident Barack Obama zählt, verstarb am 21. Juli in New York City. (bsh)

MEDIEN

Offen für Haushaltsabgabe

Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ) ist nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach für Computer mit Internet-Anschluss keine Rundfunkgebühren zu zahlen sind, offen für Gespräche über eine Haushaltsabgabe. Im ORF befürchtet man unterdessen in Folge der Entscheidung des Höchstgerichts ein Sinken der Gebühreneinnahmen. "Kernfrage ist letztlich: Stellt man mit der Gebühr auf den öffentlich-rechtlichen Inhalt ab oder auf den technischen Verbreitungsweg", erklärte Harald Kräuter, Chef der ORF-Gebührentochter GIS, im Standard.

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