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Asylantenkind Bambi

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Staatenlos. Kind. Geboren in Wien." Das Gefühl, „unstet und flüchtig zu sein, nirgends hinzugehören", Erfahrungen der Exilnöte von 1939, spiegeln sich im Fremden-paß dieses jüdischen Kindes hautnah wider. Das Dokument eröffnet den Exponatreigen einer Ausstellung im Wiener Literaturhaus, die einen wichtigen Schritt zur Spurensuche nach blinden Flecken verdrängter Geschichte setzt.

Ein Teil der Emigranten, darunter viele Frauen, zeigte im Kampf um das physische und psychische Überleben Flexibilität im Broterwerb. Man begann Kinder- und Jugendbücher zu schreiben und zu illustrieren, nicht ohne implizit humanistische Ideen oder eigenes Kulturerbe mitzuliefern.

Für die Schau „Kleine Verbündete" wurde in mühevoller Kleinarbeit weit verstreutes Material recherchiert und ausgewertet und damit einem doppelten Exotikum Bechnung getragen. Denn nicht nur die Kinderliteratur gilt als unterbelichtetes Segment der Forschung, wie die Ausstellungskon-zeptorin Ursula Seeber betont, auch die Exilliteratur wurde lange mar-ginalisiert.

Viele der gezeigten Bücher stammen aus hauseigenem Bestand: sie sind heute in Vergessenheit geraten, die Autoren zum Teil unbekannt; von einigen wußte man noch einmal, daß sie in diesem Genre tätig waren. Die Bandbreite der vertretenen Künstler spannt sich von Mira Lobe, Lore Se-gal, Hertha Pauli, Friedrich Feld bis zu Felix Saiten, dessen Bambi-Ge-schichte von Walt Disney filmisch okkupiert wurde. Zu sehen sind außerdem Bio-Bibliographien auf Schautafeln, illustriert mit Autorenporträts und Coverre-pros vergriffener Texte, angefertigt von der Fotografin Alisa Douer.

Zur Ausstellung gibt es einen fundierten Begleitkatalog mit Einblicken in das Arbeitsumfeld der Autoren, in Bezepti-onsmechanismen oder etwa Lebens- und Lesegewohnheiten der Kinder im Exil. Die sehenswerte Schau enthüllt historische „ Dunkelhaft", die vor dem Spagat von Schuld und Sühne steht.

Bis 13. 2. 1998

Seidengasse 1), 1070 Wien

Begleitbuch:

Kleine Verbündete j Little Allies. Hrsg. von Ursula Seeber in Zusammenarbeit mit Alisa Douer und Edith lllaschitz. Picus, Wien 1997. 184 Seiten, geh. öS 160,-

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