
Berlinale Nr. 73 – Eigenwillige Entscheidung
Die 73. Berlinale ist mit einigen Überraschungen, nicht zuletzt mit Nicolas Philiberts „Sur l’Adamant“ als Siegerfilm, zu Ende gegangen. Und steht vor neuen Herausforderungen.
Die 73. Berlinale ist mit einigen Überraschungen, nicht zuletzt mit Nicolas Philiberts „Sur l’Adamant“ als Siegerfilm, zu Ende gegangen. Und steht vor neuen Herausforderungen.
Ein durchwegs umstrittener Wettbewerb, der unter dem Jury-Vorsitz von Kristen Stewart am vergangenen Wochenende seinen Abschluss fand, ist Spiegelbild für den Zustand der Berlinale. Deren künstlerischer Leiter Carlo Chatrian ist ein großer Cineast, er liebt die hohe Kunst, und das kombiniert mit einem A-Festival wie der Berlinale ergibt: Eine Werkschau von Filmen aus dem Weltkino, die es nicht bis ganz nach oben geschafft haben, nicht nach Cannes, nicht nach Venedig. Dazu Arbeiten, die bereits in der Lagunenstadt gelaufen sind („Tàr“) oder in Sundance, woher einige Titel aus dem heurigen Programm stammten. Das heißt: Die Berlinale fällt als A-Festival mit Weltpremieren zunehmend zurück, muss anderen die Erstaufführung und damit die Relevanz überlassen. Auch, dass hier fünf deutsche Filme im Wettbewerb liefen, ist kein Qualitätsmerkmal des deutschen Films, sondern eher, dass Chatrian nicht genug hochkarätige internationale Produktionen bekam. Alles Alarmglocken, die jetzt in den Köpfen der Verantwortlichen schrillen sollten – es ist noch nicht zu spät, den Ruf der Berlinale zu retten. Aber es besteht dringend Handlungsbedarf in Richtung eines exklusiveren, hochkarätigeren Programms. Dem Vernehmen nach ist der Berlinale-Siegerfilm, „Sur l’Adamant“, ein Dokumentarfilm von Nicolas Philibert, der sich um eine Psychiatrie-Tagesklinik inmitten der Seine in Paris dreht, nur der Kompromiss-Kandidat der Jury gewesen, die sich wohl nicht auf einen Film einigen konnte. Entsprechend perplex war Philibert dann auch bei der Preisverleihung, als man ihm den Goldenen Bären überreichte: „Sind Sie sich sicher, dass Sie mir diesen Preis geben wollen“, fragte er verdutzt.
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