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Hintergründig, aber mit Witz
Alle Stile durchleben dieselbe Geschichte: Zur Zeit ihrer Entstehung brechen sie mit den geltenden Konventionen, bringen frischen Wind in das jeweilige Genre und führen schließlich zu einer Erneuerung. Irgendwann jedoch etablieren sie sich, werden zur Norm und schließlich zum Feindbild neuer Stile, die unter anderem explizit durch die Abgrenzung von ihren Vorläufern definiert werden. Ein Viennale Special zeigt derzeit unter dem Titel „Nicht versöhnt. Filme aus der BRD 1964 bis 1976" Beispiele des Neuen Deutschen Films, dem es nicht anders gegangen ist. Das Festival zeigt allerdings Streifen aus der Anfangsphase und Blüte des Neuen Deutschen Films. Was manche erstaunen mag: Dabei handelt es sich nicht nur um die berüchtigten ideologisierenden sozialkritischen Problemfilme, mit denen in den siebziger Jahren Heranwachsende traktiert wurden und sich später, sofern sie Filmemacher werden sollten, mehr oder weniger radikal davon distanzierten.
„Der Begriff ,Neuer Deutscher Film' ist in sich widersprüchlich. Zu diesen sehr verschiedenen Werken gehören sowohl politische, als unpolitische; manche orientierten sich sogar am amerikanischen Kino", erklärt Viennale-Direktor Hans Hurch. In der Tat erinnert die Handlung des Eröffnungsfilm „Rote Sonne" von Rudolf Thome an den zeitgenössischen Generation-X-Serienmörder-film: Ein antriebs- und illusionsloser junger Mann gerät an eine Clique von vier jungen Frauen, die ohne besonderen Grund am laufenden Band Männer ermorden. (Ein Film übrigens, der von einem euphorischen Kritiker als der „beste deutsche Film aller Zeiten" bezeichnet wurde).
Durch ihren Witz und anarchischen Charme sind Filme wie „Rote Sonne" oder „48 Stunden bis Acapul-co" von Klaus Lemke unterhaltsame Meisterwerke. Doch in ihnen steckt schon all das, was den Neuen Deutschen Film später alt aussehen ließ: Langsamkeit, Realismus und hintergründige Unterhaltung, die nach Etablierung dieses Filmstiles in Langweiligkeit, penetrante Tiefgründigkeit und übertriebenen Intellektualismus umschlugen.
Zu hoffen ist, daß in dem Viennale Special nur wenige jener öden Siebziger-Jahr-Machwerke gezeigt werden, die vielen Zusehern die Lust auf deutsches Kino verdorben haben. Vienna-le-Chef Hurch jedenfalls versichert, daß es sich bei den gezeigten Filmen durchaus nicht um Kino von gestern handle, sondern um Streifen, deren Einfluß aus so manchen zeitgenössischen - nicht nur hochgelobten, sondern auch kommerziell erfolgreichen - deutschen Filmen nicht wegzudenken sei.
Vertreten sind bei „Nicht versöhnt" unter anderem Filme von Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Werner Herzog und Wim Wenders.
Bis 15. Mai
Filmcasino, Margarelhenstr. 78, 10W Wien
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