Kim_Ki-duk - © Wikipedia/ Tania Volobueva (cc by-sa 2.0)

Kim Ki-Duk: Koreanischer Berserker von Filmemacher

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Zum Tod des einflussreichsten Koreaners auch in den europäischen Kinosälen.

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Zum Tod des einflussreichsten Koreaners auch in den europäischen Kinosälen.

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Gewalt, schonungslos auf die Leinwand gebannt. Eine Gesellschaft, die sich hierarchisch vormodern und spätkapitalistisch ausbeuterisch zugleich gebärdet: So kam die Welt, die der südkoreanische Filmemacher Kim Ki-duk ­gerade in die europäischen Kinos brachte, daher.

Er war einer der ersten Koreaner, der sein Land auch in Europa zum Filmland werden ließ – mit „Samaria“ etwa, mit dem er 2004 in Berlin den Goldenen Bären für die Beste Regie einheimste – eine brutale wie mitnehmende Parabel über Kinderprostitution in seiner Heimat, in der es Kim meisterhaft gelingt, die tödliche Nichtkommunikation im Kinosaal beklemmend werden zu lassen. Ein Jahr später holte er mit „Bin Jip – Leere Häuser “ in Venedig den ­Regie-Löwen für seine zarte Liebesgeschichte, die in leeren Wohnungen das Lebensgefühl koreanischer Großstädte zu einem zarten Film verdichten konnte.

Man hat in seinen Filmen David Lynch wiedergefunden oder auch Ingmar Bergman, Luis Buñuel, ­Federico Fellini. Aber am meisten kann man das Berserkertum eines Lars von Trier mit dem Œuvre von Kim assoziieren – bis ins Letzte war er bereit zu gehen: Beim Dreh zu „Dream“ (2008) strangulierte sich die an einem Strick hängende ­Hauptdarstellerin Lee Na-young beinahe wirklich, ehe sie Kim in letzter Sekunde befreien konnte. Eine tiefe Depression war die Folge, die Kim dann in der filmischen Depression „Arirang“ 2011 Kunst werden ließ. Ein Jahr später folgte der Höhepunkt in Kim Ki-duks Schaffen: „Pietà“– ein filmisches Borderline-Abenteuer zwischen Gang und Glaube, Inzest und weit mehr als dem Versatz religiöser Metaphern: die gelungene Grenzüberschreitung zwischen der brutalen ­Actionfilm-Sprache seiner Kultur hin zu einer christlichen Ikonografie samt dem genialen Changieren zwischen den Grundfragen der Existenz – ­eine „Religionsstunde für Erwachsene“, so betitelte der FURCHE-Rezensent seine Kritik anno 2012. Zumindest diesem Film des rastlosen Koreaners sollte man erneut begegnen.

In seiner Heimat wusste sich Kim Ki-duk längst nicht mehr gelitten. Sein Film „Möbius“ (2013) – ein Vater-Sohn-Inzest-Drama – kam in Korea regulär nicht ins Kino. Im lettischen Riga wollte Kim sich zuletzt ein Haus kaufen. Hier infizierte er sich mit Corona – und verstarb Mitte Dezember knapp vor dem 60. Geburtstag an der Krankheit.

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