MONTE VERITÀ - © Pandafilm

"MONTE VERITÀ": Im Rausch der Freiheit

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Alexandra Zawia über "MONTE VERITÀ" von Stefan Jäger.

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Alexandra Zawia über "MONTE VERITÀ" von Stefan Jäger.

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Für das Familienfoto, das ihr Ehemann Anton anfertigen möchte, der 1900 gerade die neue Technik der Fotografie für sich entdeckt, müssen Hanna (Maresi Riegner) und ihre beiden Töchter sich nach seinem strengem Konzept aufstellen und darstellen und – von ihren Korsetten ohnehin eingeschnürt – bitteschön die Luft anhalten. Ein „schönes“, will sagen: schreckliches Bild in Stefan Jägers Film „Monte Verità – Der Rausch der Freiheit“, das die physisch wie psychisch einengende Hölle, wie Hanna sie in ihrer Ehe und in ihrem bürgerlichen Umfeld erlebt, unmittelbar spürbar macht. Hanna flüchtet, und das zeigt Jäger dramaturgisch spektakulär aufbereitet in zwei Teilen. Sie „landet“ beim Psychiater Otto Gross am Monte Verità, ein Ort im Schweizer Kanton Tessin.

Heute gibt es dort ein Konferenzzentrum und einen Zen-Garten. Vor 120 Jahren allerdings stand der Ort vor allem für die Idee von Freigeist. Künstler, Anarchisten, Psychologen und Philosophen und etwa auch Herman Hesse (Joel Basman) siedelten sich in einer fluktuierenden Gemeinschaft an, um einen alternativen Lebensstil, frei von gesellschaftlichen Vorschriften, nahe der Natur zu proben. Das ging auch im echten Leben (natürlich) nicht gut, aber für Hanna reicht die Dauer von Jägers sonnendurchflutet und rhythmisch inszeniertem Film, sie als zentrale Figur in einem individuellen wie gesellschaftlichen Umbruch zu zeigen. Die Abwesenheit von Repression erzeugt noch keine Autonomie, das ist es, was auch Hannah lernen muss, bevor sie zu ihrer eigenen Identität – als Mensch, als Frau und als Künstlerin – finden kann.

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