The Beatles: Get Back - © Foto: Getty Images / Daily Mirror / Mirrorpix / Mirrorpix

„The Beatles: Get Back“ von Peter Jackson: Ikonen in neuem Licht

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Peter Jacksons dreiteilige, siebeneinhalb Stunden lange Doku „The Beatles: Get Back“ ist nun bei Disney+ zu sehen und lässt die unhinterfragten Ikonen in neuem Licht erscheinen.

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Peter Jacksons dreiteilige, siebeneinhalb Stunden lange Doku „The Beatles: Get Back“ ist nun bei Disney+ zu sehen und lässt die unhinterfragten Ikonen in neuem Licht erscheinen.

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Sich einer Legende anzunähern, das kann jemand wie Peter Jackson besonders gut. Der Regisseur, der mit der „Herr der Ringe“-Trilogie eine Fantasylegende auf der Kinoleinwand verewigt hat, ist jetzt in musikalische Gefilde aufgebrochen und will beweisen: Auch als Arrangeur von vorgefundenem Material kann er seine Handschrift ausstellen und einem Projekt seinen Stempel aufdrücken, das eigentlich gar nicht von ihm stammt.

Jackson hat sich für „The Beatles: Get Back“ wieder einmal einen Exzess gegönnt. Schon seine „Herr der Ringe“-Filme bestachen durch viel Opulenz und ausgedehnte Dramaturgie, und bei seinem dreiteiligen Dokumentarfilmprojekt über die Pilzköpfe ist er in Sachen Spielzeit locker wieder bei seiner bekannten Epik. Die Filme, die jetzt bei Disney+ gestreamt werden können, dauern jeweils über zweieinhalb Stunden, weil sie akribisch ins Detail gehen. Wer eine herkömmliche Doku erwartet, liegt aber falsch: Jacksons „The Beatles: Get Back“ ist vielmehr eine analytische Materialsammlung, die das Verhältnis der vier Beatles-Bandmitglieder zueinander aufarbeitet.

Das alles gelingt, weil der Regisseur Michael Lindsay-Hogg auf Geheiß von Paul McCartney im Jänner 1969 mit der Arbeit an seiner Doku „Get Back“ zu arbeiten beginnt. Der Zweck: die Band bei ihrer Arbeit zu beobachten. Zu jenem Zeitpunkt lag die Trennung der Beatles schon in der Luft, wirklich viel zu sagen hatten sich McCartney, John Lennon, Ringo Starr und George Harrison damals nicht mehr. Und doch ließen sie sich zu einem Projekt hinreißen, das Geschichte schreiben sollte.

Musiker aus Leidenschaft

Anfang 1969 mieteten sie sich im Londoner Filmstudio Twickenham ein, mit dem Plan im Gepäck, hier völlig zurückgezogen und befreit von technischem Schnickschnack ein neues Album mit 14 Songs zu erarbeiten. Am Ende dieser mehrwöchigen Jam-Session sollte dann die Live-Aufnahme vor Publikum stattfinden, ganz ohne orchestrale Untermalung und so lupenrein authentisch, wie man die Beatles eben kannte – aus ihren frühen Tagen Anfang der 1960er Jahre.

Das Projekt sollte ein Highlight in der nunmehr rund zehn Jahre andauernden Karriere der Band werden; deshalb filmte Lindsay-Hogg den Jam- und Probenprozess permanent mit. Der Film erschien, aber viel Material blieb ungenutzt. Insgesamt hatte Peter Jackson 60 Stunden Film- und 150 Stunden Audioaufzeichnungen durchgesehen, um daraus in monatelanger Kleinarbeit seine Beatles-Doku zu schneiden. Das originale Filmmaterial von 1969 besticht dabei in einer ungeheuren Qualität, es sieht aus, als wäre es gerade erst gedreht worden, so aufwändig wurde es restauriert.

Das eröffnet eine ganz neue Sichtweise auf die Band, die längst den Status einer überirdischen Ikone besitzt; denn hier kommt man den Beatles während des Probenprozesses derartig „heutig“ nahe, dass man den Ikonenstatus damit durchaus hinterfragen kann; hier sind keine Ikonen, sondern Musiker aus Leidenschaft am Werk, und man sieht, wie sie sich in 14 Tagen das neue Album in Mühsal und Detailreichtum erarbeiten. Yoko Ono sitzt permanent mit skeptischem Blick und äußerst schmallippig dabei, als würde sie auf John Lennon aufpassen, aber die Spielfreude der Beatles kennt keine Grenzen: Sie sind gut gelaunt oder missmutig, sie streiten oder spielen eine Harmonie, aber sie sind vor allem: drauf und dran, aus diesem, ihrem letzten Album „Let It Be“ noch einmal eine Platte zu machen, die die Popgeschichte verändert, mit Hit um Hit um Hit.

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