Unendlichkeit

"Über die Unendlichkeit": Die Komplexität des Banalen

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Mit „Über die Unendlichkeit“ gewann der schwedische Regisseur Roy Andersson im Vorjahr den Regie-Löwen in Venedig.

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Mit „Über die Unendlichkeit“ gewann der schwedische Regisseur Roy Andersson im Vorjahr den Regie-Löwen in Venedig.

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Kreidebleich und mühsam atmend sitzt ein Mann beim Arzt und beschreibt einen wiederkehrenden Albtraum: Er muss ein schweres Kreuz durch die Straßen tragen, die Menschen schreien und schlagen auf ihn ein, dann bohren sie ihm Nägel durch die Hände. Er ruft: „Was habe ich euch getan?“– An dieser Stelle wache er jedes Mal auf. Sein Glück, dass dieser Traum nicht ewig dauert. „Über die Unendlichkeit“ nennt der schwedische Regisseur Roy Andersson seinen aktuellsten Spielfim, für den er vergangenes Jahr beim Filmfestival Venedig mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie ausgezeichnet wurde und der, fünf Jahre nach Abschluss seiner Trilogie über das menschliche Wesen („Songs from the Second Floor“, „Das jüngste Gewitter“, „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“), eigentlich recht nahtlos daran anschließt.

In 32 unverknüpften Episoden, jede eine allegorische, symbolistische Miniatur für sich, destilliert Andersson über seine Figuren diverse Essenzen aus deren Existenzen. Ein Vater, der sich auf dem Weg zu einem Kindergeburtstag im strömenden Regen in den Schlamm kniet, um seiner Tochter die Schuhe zuzubinden, ganz so, wie er alles für sie tun würde. Ein Mann, der irritiert ist, weil ihn ein ehemaliger Schulkollege nie grüßt, ihm das simple Referenzsystem seiner Kindheit verweigert, ihn destabilisiert. Zwei Teenager, die über den ersten Satz der Thermodynamik nachdenken: Alles ist Energie und kann weder erzeugt noch zerstört werden. „Wir treffen einander vielleicht einmal wieder, als Kartoffel und als Tomate.“ – „Ich wäre gerne die Tomate.“ Wenn man sichwas wünschen darf. Und ein Mann, der in einem vollbesetzten Bus zu schluchzen beginnt: „Ich weiß nicht, was ich will!“

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