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Waldheim und die Watchlist

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Wenn ein ehemaliger CIA-Mann ein Ruch darüber schreibt, wie Kurt Waldheim, einst UNO-Generalsekretär und dann österreichischer Bundespräsident, auf die sogenannte Watchlist kam, warum ihm also die Einreise in die USA verboten ist, erwartet man sich wohl mit einiger Berechtigung Enthüllungen darüber, was da hinter den Kulissen alles gelaufen ist. I )ie liefert John Mapother in seinem Opus nur andeutungsweise. Er versucht eher, anhand der Mechanismen der Politik und der Medien in Amerika die Wirkung der Anti-Waldheim-Kampagne von 1986 zu erklären.

Ist dem Leser Salvatore Giuliano ein Begriff? In der Nachkriegszeit galt er als eine Art sizilianischer Bobin Hood, sein Name tauchte oft in der Berichterstattung über italienische Banditen auf. 1950 meldete die „New York Times” auf der Titelseite, dieser

Salvatore Giuliano sei in Sizilien von Carabinieri erschossen worden. Der Haken dabei: Giuliano war die Erfindung von zwei Journalisten, die das Interesse der US-Presse an italienischen Banditen kannten und deshalb in ihre Stories einen namentlich wiederkehrenden Helden mit romantischer Biographie einfügten. Aber die Sache machte sich selbständig: Leute gaben sich für Giuliano aus und/oder wurden für diesen gehalten.

Mapother will an diesem Fall zeigen, wie sich US-Medien gierig auf bestimmte Themen - so auch auf NS-Verbrechen - stürzen, ohne viel nach dem Wahrheitsgehalt zu fragen. Und von Europa haben die Medienbosse fast keine Ahnung. Hätte man sorgfältig die Fakten geprüft, so Mapother, hätte man Waldheim nie als Nazi oder Kriegsverbrecher hinstellen und auf die Watchlist setzen dürfen. Doch die von österreichischen Sozialisten ins Ausland getragene Wald-heim-Anbräunung kam etlichen gelegen: dem Jüdischen Weltkongreß zur Profilierung (Mapother hält Simon Wiesenthal mit Becht für den weit kompetenteren Waldheim-Beurteiler), der US-Regierung zur Ablenkung von anderen Themen, und die ganze Affäre war natürlich ein Fressen für Amerikas Medien.

Daß sich Waldheim Blößen gegeben Und Fehler begangen hat, ist dem Autor bewußt, doch die sonst nur gegen Schwerverbrecher verhängte Watchlist-Entscheidung empfindet er als schweres Unrecht und fordert eine Revision. Ohne prominente Mitstreiter sicher vergebens. Was könnten schon wichtige US-Politiker und große US-Medien durch Engagement für Waldheim im eigenen Land gewinnen? Und wer riskiert schon etwas ganz ohne Aussicht auf Gewinn?

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