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Auch zur Winterszeit

Pascal und Carole verdienen ihr Geld mit "Schäfchen zählen“: Als Wanderhirten sind die beiden vier Monate im Jahr unterwegs, um eine Schafherde durch die tief verschneite Westschweiz zu führen. Auf ihrer "Schafwanderung“ legen die beiden rund 600 Kilometer zurück - Kälte, Unwetter und den skeptischen Blicken ansässiger Landwirte zum Trotz. Warum sie sich das antun? Aus Liebe zur Natur und ihren wolligen Gefährten, wie der Dokumentarfilm "Winternomaden“ glaubhaft vermittelt. Mit Empathie und poetischer Leichtigkeit begleitet Regisseur Manuel von Stürler die Odyssee seiner Protagonisten und malt en passant ein gelungenes Porträt von einer Region im Wandel: Wo einst freie Weideflächen existierten, stehen heute Betonburgen und Industrieanlagen. Im Fokus des Doku-Roadtrips steht aber das persönliche Verhältnis des (ungleichen) Schäfer-Duos. Während Pascal seit 33 Jahren kein anderes Leben als das eines "Winternomaden“ kennt, hat sich die 28-jährige Ex-Ernährungsberaterin bewusst für diesen anachronistischen Beruf entschieden - und ihre Berufung gefunden. (Jürgen Belko)

Winternomaden (Hiver nomade)

CH/F 2012. Regie: Manuel von Stürler. Mit Carole, Pascal, Jean-Paul.

Thimfilm. 90 Min.

Im Intrigen-Karussell

Für die Ermittler im Action-Thriller "Jack Reacher“ sprechen die Indizien eine eindeutige Sprache: Ein Irak-Veteran betritt ein Parkhaus, lädt sein Scharfschützengewehr und erschießt wahllos fünf Passanten. Was sie im Gegensatz zu den Zusehern nicht wissen, ist, dass der vermeintliche Amok-Schütze das Opfer einer perfiden Verschwörung ist. Auch der lakonische Ex-Militär-Polizist Jack Reacher ist von der Schuld des gefassten Attentäters überzeugt - bis er bei seinen Nachforschungen auf Ungereimtheiten stößt.

Basierend auf Lee Childs Thriller-Bestseller "Sniper“ setzt Christopher McQuarrie ein Intrigen-Karussell in Gang, dessen Dreh- und Angelpunkt Hollywood-Star Tom Cruise ist. Der in die Jahre gekommene Mr. Mission Impossible darf sich als ehemaliger Elitesoldat auf einem Action-Spielplatz austoben, Autos zu Schrott fahren und schwer bewaffneten Bösewichten das Fürchten lehren.

Dass er nebenbei auch einen kniffligen Kriminalfall löst, in dem es nicht um das "Wer“, sondern das "Wie“ und "Warum“ geht, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. (Jürgen Belko)

Jack Reacher

USA 2012. Regie: Christopher McQuarrie. Mit Tom Cruise,

Robert Duvall. Universal. 130 Min.

Auch die Normalen sind verrückt

Pat hat eine Borderline-Persönlichkeitsstörung und wurde gerade aus der psychiatrischen Anstalt entlassen. Doch noch immer ist er sehr impulsiv und außerdem davon überzeugt, dass er seine Frau, der er sich aufgrund einer einstweiligen Verfügung nicht nähern darf, zurückgewinnen wird. Da lernt er die psychisch ebenfalls schwer angeschlagene Tiffany kennen, die nach dem Tod ihres Mannes in Depression und Nymphomanie verfiel. Die zwei Außenseiter freunden sich an und schließlich eröffnet sich den beiden gequälten Seelen ein Silberstreif am Horizont. "Silver Linings“ ("Silberstreif“) lautet auch der Titel des neuen Filmes von David O. Russell, der eine erstaunliche, aber durchaus stimmige Mischung aus Psychiatrie-Drama, Liebeskomödie, Familiendrama und Tanzfilm ist. Getragen wird die Produktion von den herausragenden Schauspielern: Bradley Cooper bringt Pats Stimmungsschwankungen ebenso glaubwürdig hinüber wie Jennifer Lawrence die Verletzlichkeit, die sich hinter Tiffanys rauer Schale verbirgt. Dazu kommt der wunderbare Robert De Niro in der Rolle von Pats Vater, eines abergläubischen Buchmachers, dessen Persönlichkeit nicht weniger gestört ist als die seines Sohnes. "Silver Linings“ kratzt an der Fassade all seiner Figuren und führt dem Zuschauer vor Augen: Die Normalen sind nicht weniger irr als die Verrückten. (Michael Kraßnitzer)

Silver Linings (Silver Linings Playbook)

USA 2012. Regie: David O. Russell. Mit Bradley Cooper, Jennifer Lawrence,

Robert De Niro. Constantin. 112 Min.

Wahre Geschichte

Die Geschichte ist wahr. Und berührte so, dass auch ein Film daraus werden musste: Mark O’Brien (John Hawkes) ist vom Hals ab gelähmt, nur sein bestes Stück ist voll funktionstüchtig. Also tritt Sexualtherapeutin Cheryl (Helen Hunt) auf den Plan, sodass dem Gehandikapten eine der wichtigsten Lebenserfahrungen nicht vorenthalten bleiben muss. Starbesetzt und leichtfüßig kann diese (Tragi-)Komödie Zeugnis von Lebensfreude auch in verschärfter Situation geben. (red)

The Sessions - Wenn Worte berühren

USA 2012. Regie: Ben Lewin. Mit John Hawkes, Helen Hunt. abc-films. 95 Min.

Religion der Rasta

Landläufig wird mit den Rastafaris Bob Marley und die Reggae-Musik verbunden. Tatsächlich handelt es sich bei dieser synkretistischen Bewegung um eine neureligiöse Strömung, die im Jamaika am Ende der britischen Kolonialzeit entstand, und die den äthiopischen Kaiser Haile Selassie I., dessen Geburtsname Ras Tafari der Bewegung den Namen gab, als Inkarnation Christi verehrt. Einer ihrer Gründer war Leonard Howell (1898-1981), oft auch als "erster Rasta“ tituliert. Seine Biografin Hélène Lee hat ihm den Dokumentarfilm "The First Rasta“ gewidmet, der eine hierzulande unbekannte Persönlichkeit und eine nur rudimentär wahrgenommene Bewegung ins Rampenlicht rückt: Dass sich schon Anfang des 20. Jahrhunderts in der Emanzipation der ehemaligen Sklaven von Jamaika auch eine globalisierungskritische Bewegung entwickelte, dürfte gleichfalls wenig bekannt sein. Informativ und - weil kaum jemand davon weiß - spannend mit allerlei Querverbindungen zur Politik insbesondere zur Zeit der Entkolonialisierung. Ein filmischer Geheimtipp. (Otto Friedrich)

The First Rasta

F 2010. Rgie: Hélène Lee.

Waystone. 85 Min.

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