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Schnitzel und Artilleriefeuer

Der slowakische Regisseur Peter Kerekes hat in seinem Dokumentarfilm die Themen Essen (genauer gesagt Kochen) und Krieg miteinander verbunden. Dafür suchte er sich etwa ein Dutzend Militärköche und -köchinnen, mit denen er einen kulinarischen Blick auf Kriegsschauplätze wirft. Das Ergebnis ist ein sehr eigenwilliges Rezept für die Auseinandersetzung mit europäischen Kriegen, angefangen vom Zweiten Weltkrieg, über den Algerienkrieg bis zum Krieg in Ex-Jugoslawien. Die Analogien sind nicht immer einfach nachzuvollziehen. Man könne ein Schnitzel genauso wenig erst nach dem Braten klopfen, wie man das Artillerie-Feuer während der Attacke der Infanterie eröffnen könne, meint Kerekes etwa. In der Küche wie am Kampffeld müsse die richtige Reihenfolge eingehalten werden. Wiewohl kreativ bewegt sich die Inszenierung oft am Rande der Absurdität, verfolgt aber die Analogie zwischen Küche und Krieg gleichzeitig doch ernsthaft. Mit "Cooking History“ hat Peter Kerekes eine schwarzhumorige Version des Küche-Krieg-Themenkomplexes realisiert, bei der die Protagonisten jedoch eher als Erfüllungsgehilfen wirken. (Ernst Pohn)

Cooking History

A/SK/CZ 2009. Regie: Peter Kerekes.

Poool. 88 Min.

Böse Überraschungen

Konsequent, dass "Unknown Identity“ bei der Berlinale seine Europapremiere feierte: Nicht nur, dass eine deutschsprachige Schauspielerriege - von Bruno Ganz bis Karl Markovics - in Nebenrollen zu sehen ist, auch das Setting des Action-Thrillers ist in der deutschen Hauptstadt angesiedelt. Dort möchte Dr. Harris mit seiner Frau an einem Wissenschaftler-Kongress teilnehmen - doch es kommt anders als geplant: Martin wacht nach einem Autounfall ohne Ausweispapiere und Erinnerung an seine "wahre“ Identität im Krankenhaus auf. Erst nach und nach wird ihm klar, dass er Teil einer tödlichen Verschwörung ist, in der nichts so ist, wie es scheint. Liam Neeson ist nicht der erste Held der Filmgeschichte, der sich mit einer Amnesie auf die Suche nach seiner (Film-)Identität macht und dabei jede Menge böse Überraschungen erlebt. Ungelöst bleibt hingegen, weshalb der actionreiche Selbstfindungstrip des irischen Charakterdarstellers stellenweise so hanebüchen ausfallen muss. (Jürgen Belko)

Unknown Identity

USA/GB/F 2011. Regie: Jaume Collet-Serra. Mit Liam Neeson, Diane Kruger,

January Jones. EMW. 113 Min.

"Klub 2“ und die Nachfahrinnen von NS-Tätern

Ein ganz spezielles Verhältnis zur Geschichte haben die sieben Protagonistinnen des Dokumentarfilms "Liebe Geschichte“: Sie sind Nachkommen von NS-Tätern.

Die Regisseurinnen Simone Bader und Jo Schmeiser, die sich "Klub 2“ nennen, porträtieren sechs Frauen und eine Jugendliche mit belasteter Familiengeschichte: Vater oder Großvater waren bei der SS oder die Mutter Aufseherin im Konzentrationslager; zu den Interviewten gehört auch die Großnichte von Reichsführer-SS Heinrich Himmler.

Der Film geht der Frage nach, wie die Frauen mit dem schmerzhaften Wissen umgehen, dass die eigene Mutter oder der geliebte Opa Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben und diese weder bereuen, noch dazu stehen.

Sehr erhellend sind die Ausführungen der Musikerin und Programmiererin Helga Hofbauer, weil sie deutlich machen, welchen Fehlschlüssen Nachkommen von Tätern aufsitzen: Wer einem nationalsozialistisch geprägten Umfeld entwachsen ist, neigt dazu, hinter allem und jedem die Fratze des Nationalsozialismus zu sehen.

Er - oder in diesem Fall: sie - hält Brutalität, Sexualfeindlichkeit oder Engstirnigkeit für genuin nationalsozialistisch und übersieht, dass diese Phänomene auch Anhängern ganz anderer Weltanschauungen eigen sein können. (Michael Kraßnitzer)

Liebe Geschichte

A 2010. Regie: Klub 2.

Mit Helga Hofbauer, Katrin Himmler, Jeanette Toussaint. Stadtkino. 98 Min.

Ein plakatives Ende

Senta Berger (Anita) und Bruno Ganz (Fred) geben ein altes Ehepaar, Oberschicht, (fast) alles erreicht im Leben. Doch sie verheimlichen auch den Kindern die Krebs-Diagnose von Fred. Sophie Heldmanns Kinodebüt "Satte Farben vor Schwarz“ greift auf die großartige Darstellung zweier Schauspiel-Titanen zurück. Altwerden und Tod kommen leise und langsam, die Beziehung der beiden wird auf die Probe gestellt. Die Lösung allerdings ist ärgerlich: Schade, dass der subtile Plot so plakativ enden muss. (Otto Friedrich)

Satte Farben vor Schwarz

D/CH 2010. Regie: Sophie Heldmann.

Mit Senta Berger, Bruno Ganz. Einhorn

Nachsicht aus Spaß

A uf der Metaebene herrscht Gedränge: Derzeit wird oft die übergeordnete Sicht eingenommen, um Gesetze, nach denen Filme funktionieren, offenzulegen - ideal für gespielte Selbstironie, selten genutzt für Originalität. Auch die Animationskomödie "Rango“ lebt blendend davon, eherne Regeln zu veralbern, um sich andererseits kreuzbrav an sie zu halten. Sogar ein antiker Chor ist mit von der Partie, hier in Gestalt einer vierköpfigen Kauz-Mariachiband, die ein aus dem Auto gepurzeltes Chamäleon zum Helden einer Westerngeschichte erklärt. Ein Kartenhaus aus Lügen später ist das Tier umjubelter Revolverheld, zum Sheriff ernannt und entdeckt, dass der Stadt Dirt das Wasser ausgeht.

Schon mehrfach lieferte Regisseur Gore Verbinski ("Fluch der Karibik“) respektable Filme, die rein aus Versatzstücken und Genre-Erinnerungen bestanden. "Rango“ setzt dies fort. Selbst wenn nichts darin neu sein mag: Er macht genug Spaß, dass man es ihm nachsieht. (Thomas Taborsky)

Rango

USA 2011. Regie: Gore Verbinski.

Universal. 107 Min.

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