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Psychoduell zweier Mütter

Die psychisch labile Elsa (Catherine Frot), die die bevorstehende Scheidung und die Auseinandersetzung um das Sorgerecht für ihren Sohn zudem belastet, glaubt in einem etwa siebenjährigen Mädchen ihre eigene verstorbene Tochter zu erkennen. Sie beginnt Kontakt zur anderen Mutter (Sandrine Bonnaire), die zunächst freundlich, bald aber zunehmend abweisender und gereizter reagiert, zu knüpfen und ihr nachzuspionieren.

Safy Nebbou vertraut in seinem unspektakulär und zurückhaltend inszenierten Psychothriller, der auf einem wahren Fall beruhen soll, ganz auf seine zwei großartigen Hauptdarstellerinnen. Durch die geschickte Zurückhaltung von Informationen, langsame Weitung des Blicks und mit einem Perspektivenwechsel, der fast bis zum Ende über den wahren Sachverhalt im Ungewissen lässt, gelingt es ihm dabei den Zuschauer in sein Spiel zu verwickeln und Erwartungshaltungen in die Irre laufen zu lassen.

Über die an Filme Hitchcocks und Chabrols erinnernde spannende Thrillerhandlung hinaus liefert „Claires Geheimnis“ dabei auch eine Auseinandersetzung mit traumatischen mütterlichen Verlusterfahrungen. (Walter Gasperi)

Claires Geheimnis (L’empreinte de l’ange)

F 2008. Regie: Safy Nebbou. Mit Catherine Frot, Sandrine Bonnaire, Wladimir Yordanoff, Antoine Chappey, Michel Aumont. Verleih: Filmladen. 95 Min.

Paartherapie im Kugelhagel

Was in südfranzösischer Idylle so romantisch anfing, stellt sich im amerikanischen Vorort ganz anders da: Jens Urlaubsflirt Spencer, inzwischen zum Ehemann aufgestiegen, hat bis dato verschwiegen, ein internationaler Spion gewesen zu sein – und mit dem Geständnis kommen die Auftragkiller – oder umgekehrt. Zwischen Kugelhagel und Scheinbewahrung vor der Nachbarschaft hat das Paar an seiner Beziehung zu arbeiten. Robert Luketic, auf Paarprobleme komödiantischer Natur abonniert („Die nackte Wahrheit“, „Das Schwiegermonster“), bedient sich an James Camerons „True Lies“ und Doug Limans „Mr. & Mrs. Smith“ – allerdings vermag er es nicht, den Hülsen Leben, Geschichte oder Charme einzuhauchen, auch die Hauptdarsteller – Katherine Heigl und Ashton Kutcher – straucheln daran. Chemie will keine aufkommen, auch keine Originalität, es will nur schnell, actionreich und „romantisch“ unterhalten werden. (Nicole Albiez)

Kiss & Kill (Killers)

USA 2010. Regie: Robert Luketic.

Mit Katherine Heigl, Ashton Kutcher, Tom Selleck. Verleih: EMW. 100 Min.

Feinsinnige Tragikomödie

Tommaso hat sich ein Herz gefasst: Beim Familientreffen will er offenbaren, dass er homosexuell ist. Doch sein älterer Bruder kommt ihm mit dem gleichen Bekenntnis zuvor und wird vom konservativen Vater verstoßen. Also muss Tommaso (Riccardo Scamarcio) in der italienischen Tragikomödie „Männer al dente“ den braven Mustersohn mimen und den Familienbetrieb übernehmen. Zum Glück steht ihm mit der schönen Alba (Nicole Grimaudo) eine verständnisvolle Geschäftspartnerin zur Seite. Der leichte und doch feinsinnige Film von Regisseur Ferzan Ozpetek dreht sich nur vordergründig ums Schwulsein, niemals rutscht er in billigen Klamauk ab. Vielmehr geht es um die Frage, wie viele Kompromisse man eingehen und trotzdem ein glückliches Leben führen kann. Dass das Glück dennoch nicht jedem vergönnt ist, müssen Alba und die Großmutter erfahren, die jene Männer nicht bekommen können, die sie lieben. (Michael Kraßnitzer)

Männer al dente

I 2010. Regie: Ferzan Ozpetek. Mit Riccardo Scamarcio. Verleih: Polyfilm. 116 Min.

Ein Herz für Eltern

Zu vermeiden ist es nicht, dass sich am Ende alle lieb haben. Davor kennt „Kindsköpfe“ aber vor allem einen Antrieb: komödiantische Vergeltung der Elterngeneration am Nachwuchs, besonders an jenen Dingen, durch die sie sich vor der Zeit alt fühlt – Fragen wie „Was ist der große Kasten, der da hinten am Fernseher hängt?“. Natürlich wollen jene fünf in ihrem Alltag unglücklichen Freunde die Zeit zurückdrehen, als sie ihre Familien in jenes Haus am See verfrachten, in dem sie einst ihren Kinder-Basketballtitel feierten. Während man sich noch die Münder über die Bengel zerreißt, die man selbst zu unselbstständigen Wesen verzogen hat, kehren Fähigkeiten aus der Kindheit zurück, so wie auch glücklichere Gemüter, die lange unter Karriere, Verantwortung und Sorgen vergraben waren. Beherzt setzt sich der Trupp rund um Adam Sandler, Kevin James und Rob Schneider auf einer Mission ein, die dem Stil jedes Einzelnen passgenau entgegenkommt – auch wenn der Film nicht alle seine Akteure viel mitspielen lässt; Chris Rock beispielsweise. Bodenständigkeit können die versammelten Comediens auch hier nicht vorgaukeln. Trotzdem schafft es der Film, ungezwungen zu sein – und unterhaltsam. (Thomas Taborsky)

Kindsköpfe (Grown Ups)

USA 2010. Regie: Dennis Dugan. Mit: Adam Sandler, Kevin James, Rob

Schneider. Verleih: Sony. 102 Min.

In Frauenliebe etc. verhaspelt

Lucía Puenzo, die Regisseurin des Transgender-Dramas „XXY“, arbeitet gern mit Kontrasten. Hell und Dunkel. Schwarz und Weiß. Arm und Reich. Ihr Film „Das Fischkind“, den sie nach ihrer eigenen Romanvorlage realisiert hat, nährt sich aus solchen Gegensätzen. Während im Buch die Geschichte aus der Sicht eines Hundes erzählt wird, verlegt Puenzo ihren Fokus nun auf eine lesbische Liebe, aber auch auf Dekadenz, auf unerreichbare Träume und dunkle Geheimnisse. Lala (Inés Efron), ein Mädchen aus dem reichen Vorort von Buenos Aires, hat eine Beziehung zu Guayí (Mariela Vitale), dem 20 Jahre alten Hausmädchen der Familie. Beide wollen nach Paraguay abhauen, in Guayis Heimat, ans Ufer des Ypoá-Sees, in dem der Legende nach „El Niño Pez“, das Fischkind lebt. Es soll die Ertrunkenen zum Grund des Sees führen, und hinter dieser Sage steckt ein Verbrechen, das Guayí sehr lange geheim hielt. Zu lange. Doch noch ehe sich diese Ereignisse verdichten, kommt dem Liebespaar der Mord an Lalas Vater dazwischen.

Eine Flucht über den Highway, eine Trennung der Liebenden, und Guayí im Jugendgefängnis. Lucía Puenzo hastet durch ihren vielschichtigen Roman, streift dabei Themen wie Frauenliebe, Inzest, Prostitution und Klassenunterschiede und kredenzt dazu optisch einigermaßen pittoreske Folklore. Als wäre sie mit dem eigenen Material nicht fertig geworden, verhaspelt sich Puenzo in lateinamerikanischen Mythen und der kommunikativen Leere ihrer Figuren. Aber vielleicht tut man der Regisseurin mit dieser Kritik unrecht: Denn ihre Inszenierung und die Wahrnehmung von Schönheit, Erotik und Trauer ist betont wechselhaft, wie das Leben selbst. (Matthias Greuling)

Das Fischkind (El Niño Pez)

ARG 2009. Regie: Lucía Puenzo.

Mit Inés Efron, Mariela Vitale, Carlos Bardem. Verleih: Polyfilm. 96 Min. Ab 13.8.

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