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One-Man-Show für Matt Damon

Biochemiker Marc Whitacre torpediert seine glanzvolle Zukunft im Agrarkonzern ADM: Er beginnt das FBI mit Informationen über die alltäglichen Machenschaften seines Unternehmens zu versorgen. Nur ist er die nicht eben glaubhafteste Quelle, sondern eine mit ganz eigenen Motiven. Wahrheit und Einbildung vermischen sich im Kopf von Whitacre, dem ein untersetzter Matt Damon mit Toupet und Schnauzer ein Gesicht leiht. Steven Soderbergh erzählt einen absurden, aber eigentlich nicht komödiantischen Stoff; erzählt von Industriespionage, Unterschlagungen, von FBI-Ermittlungen; von einem der größten Wirtschaftsverbrecher der letzten Jahre. „Der Informant“ ist eine One-Man-Show für Matt Damon! Der skurrile Plot wird erst durch die ironische Beschallung durch 70er-Klänge zur schwarzen Komödie, die er sein will. Off-Kommentare erlauben den Blick in den Kopf des Protagonisten mit ausgeprägter Persönlichkeitsstörung. So umweht die Verschwörungs- und Agentenkomödie mehr die Pathologie eines notorischen Lügners, der sich selbst über- und die Lage falsch einschätzt – und über den man nicht nur lachen kann. (Nicole Albiez)

Der Informant! (The Informant!)

USA 2009. Regie: Steven Soderbergh. Mit Matt Damon, Scott Bakula, Joel

McHale. Verleih: Warner. 108 Min.

Beziehungs-Animation

Dass im „Eden Ressort“ trotz Sonne, Strand und Meer nicht für alle paradiesische Zustände herrschen, müssen vier befreundete Pärchen im Komödien-Spaß „All Inclusive“ am eigenen Leib erfahren: Statt Jet-Ski-Ausflügen und Flatrate-Partys auf Bora-Bora steht für Dave, Jason, Joey und Shane die Rettung ihrer mehr oder weniger kaputten Beziehungen auf dem Urlaubs-Programm – unfreiwillige Therapiesitzungen und Paar-Yoga inklusive. Peter Billingsley legt bei seinem Regie-Debüt den Filmtitel wörtlich aus: Er packt das gesamte Beziehungskomödien-ABC in den Reisekoffer seiner Protagonisten und lässt sie in einem turbulenten Gefühls-Tohuwabohu stranden. Da Leinwand-Spaßvogel Vince Vaughn in dreifacher Funktion – Schauspieler, Produzent und Drehbuchautor – aufscheint, überrascht es wenig, dass der Film deutlich seine (komödiantische) Handschrift trägt. Einzig Action-Raubein Jean Reno zeigt als „Beziehungsflüsterer“, dass sich Humor nicht mit der Brechstange erzwingen lässt. (Jürgen Belko)

All Inclusive (Couples Retreat)

USA 2009. Regie: Peter Billingsley. Mit Vince Vaughn, Jason Bateman, Faizon Love. Verleih: Universal; 107 Min.

Anklänge an Strache, Graf & Co

Als vor wenigen Wochen Wahlplakate einer Partei namens RWT mit Forderungen wie „Soziale Wärme statt Woarme“ und „Islam bleib daham“ in diversen Zeitungen erschienen, trauten manche ihren Augen nicht. Zum Glück waren die Plakate „bloß“ Reklame für Peter Kerns neuen Film „Blutsfreundschaft“: Im Mittelpunkt steht der 16-jährige Axel (Harry Lampl). Von seinem Stiefvater verstoßen, wird er auf offener Straße für den Schlägertrupp der rechtsextremen Partei RWT („Rot-weiß-rot bis in den Tod“) angeworben. Nach einem ersten „Einsatz“ gegen eine fahrende Suppenküche für Obdachlose, flüchtet Axel in die Wäscherei des homosexuellen 80-jährigen Gustav Tritzinsky (Helmut Berger). Nach und nach entwickelt sich zwischen Axel und Gustav eine (Bluts-)Freundschaft, denn der alte Mann erkennt in ihm seine große Liebe wieder, die er während der NS-Zeit an die Gestapo verraten hat. Doch die Freundschaft mit Gustav bereitet Axel große Schwierigkeiten. Seine neuen Schlägerfreunde können und wollen nicht akzeptieren, dass er mit der „Schwuchtel“ Umgang hat. So steht Axel vor der schwersten Zerreißprobe seines Lebens: Gustav oder die Kameraden? Peter Kern gelang ein ebenso berührender wie schockierender Film. Berührend, weil Helmut Berger und Harry Lampl ihre Rollen mit Feingefühl und viel Melancholie spielen. Schockierend, weil der politische Arm der rechten Schläger extrem an Strache, Graf und Konsorten erinnert.

Blutsfreundschaft

A / D 2009. Regie: Peter Kern

Mit Helmut Berger, Harry Lampl, Heribert Sasse. Verl.: Stadtkino. 92 Min.

Dickens à la Disney

Schokolade, Staunen, schöne Geschenke: Weihnachten aus Kinderaugen – wie Marketingexperten es sehen. Gut, mit Geschenken hat es Geizhals Ebenezer Scrooge nicht so. Dafür staunte man seit Dickens nicht mehr so über „Eine Weihnachtsgeschichte“: Regisseur Robert Zemeckis drehte eine spektakuläre 3D-Fassung des moralgebenden Dramas im „Performance-Capture“-Verfahren: Die Produktion ist ein Spielfilm, oft im Look eines Trickfilms. Ein sehenswerter Jim Carrey spielt Ebenezer und Geister. (A. Zawia)

Disneys Eine Weihnachtsgeschichte (A Christmas Carol)

USA 2009. Regie: Robert Zemeckis.

Mit Jim Carrey. Verl.: Disney 76 Min.

American Way of Life?

Vom „American Dream“ hat man in Willet’s Point noch nie gehört – eine wahre, schmerzhafte Ausformung des „American Ways of Life“ aber ist im trostlosen Gewerbegebiet am Rande von Queens omnipräsent, zwischen Werkstätten und Autowracks, verdreckten Hinterhöfen und Hausruinen. Die Gegend, die nach Entwicklungsland anmutet, die in „The Great Gatsby“ als „the valley of the ashes“ bezeichnet wurde, befindet sich vor den Toren New Yorks. Das Leben ist hier ein provisorisches, selbst der Staat zeigt sein Gesicht hier nicht. „Der Bürgermeister von New York hat es jüngst als den trostlosesten Ort der Stadt bezeichnet“, so Ramin Bahrani, der Regisseur von „Chop Shop“. In Sichtweite: das Shea Baseball Stadion mit seinem Slogan „Make Dreams Happen“. Für Willet’s Point gilt das nicht, auch wenn der Waisenbub Alejandro, der in einer der Autowerkstätten für seinen Chef kleine Erledigungen verrichtet, von einer Zukunft in Gestalt eines Imbisswagens träumt, mit dem er sich gemeinsam mit der Schwester selbstständig machen möchte. Also beginnt er zu sparen. Aber vom „American Dream“ hat hier eben noch niemand gehört … Die Kamera ist mittendrin, interessiert sich nur für den Protagonisten: Momentaufnahmen einer unbehüteten Kindheit inmitten einer viel zu rauen Erwachsenenwelt. (Nicole Albiez)

Chop Shop

USA 2007. Regie: Ramin Bahrani. Mit Alejandro

Polanco, Isamar Gonzales.Verl.: Stadtkino. 84 Min.

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