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Schmuggler-Routine

Im Kino sprechen Frachtergiganten und Containerstapel für die modernen Meere. Verklären lässt sich diese Seefahrt kaum noch, wenn der Schiffsjunge wie im Gangsterstreifen "Contraband“ kein Deck mehr schrubbt, sondern mit dem Nassstaubsauger den Spannteppich reinigt, als sei es ein Büro. Auch der Schmuggel kennt keine Romantik mehr - zumindest in diesem Film: zuviel Geschäft, zuviele Hintermänner-Interessen. Sie zwingen Chris (Mark Wahlberg), der dem Gewerbe abgeschworen hat, noch einmal hinaus auf einen weiteren Coup. Der Erlös einer Ladung Falschgeld aus Panama soll seinen Schwager davor bewahren, von Drogenschiebern umgebracht zu werden. Minimal nimmt sich der Unterschied des Hollywood-Remakes zur isländischen Thriller-Vorlage "Reykjavik - Rotterdam“ aus: Regie führt nun der damalige Hauptdarsteller, die Geschichte ist ins steuergünstige New Orleans verlagert, die Ausstattung luxuriöser und die Action hat fast militärische Dimensionen. Ecken und Kanten, die schon dem Original fehlten, gehen auch "Contraband“ ab. So handwerklich gekonnt er ist: Stimmung weiß dieses überroutinierte Kalkül keine zu erzeugen. (Thomas Taborsky)

Contraband

USA 2012. Regie: Baltasar Kormákur. Mit Mark Wahlberg, Kate Beckinsale, Ben Foster. Universal. 109 Min.

In Europas Zentrale

Zwei Männer reagieren auf den immensen Einfluss des Lobbying auf die Politik in Brüssel, Hauptstadt der Europäischen Union: Olivier Hoedeman wird mit der NGO "Corporate Europe Observatory“ (CEO) profiliertester Lobby-Kritiker Europas, während Pascal Kerneis seinen Job bei der Kommission kündigt und sich mit seinem "European Services Forum“ (ESF) zum Top-Lobbyisten hocharbeitet. Der Dokumentarfilm "The Brussels Business“ schraffiert eine inoffizielle Erzählung der Europäischen Integration: Brisante Dokumente machen dieses Projekt verständlich als exekutiertes Programm europäischer Großkonzerne, die deregulierte Freihandelszonen anstreben. Mit investigativem Eifer zeichnet dieser "Doku-Thriller“ Entscheidungsprozesse und die monetäre Zirkulation eines hochkomplexen Systems nach - eine notwendige demokratische Übung. (Rudolf Preyer)

The Brussels Business - Who Runs The European Union?

A/B 2012. Regie: Friedrich Moser,

Matthieu Lietaert. Thimfilm. 88 Min.

Überdeutlich und melodramatisch

"Barbara“ ist eine verschlossene Frau. Sie wurde aus der Berliner Charité in ein Provinzkrankenhaus strafversetzt. Sie traut keinem, darf keinem trauen, 1980, in der DDR. Christian Petzolds neue Arbeit ist ein Historienfilm über eine Existenz im Spitzelstaat zwischen Misstrauen und Anteilnahme, Freiheit und Verantwortung, Flucht und Widerstand. Als Westler erzählt er eine Ost-Geschichte als großes Melodram. Nina Hoss ist Barbara, ihr Gesicht wie immer vielschichtige Projektionsfläche. Sie soll sich nicht so separieren, rät ihr der Arztkollege (Ronald Zehrfeld), der sich ebenso zu ihr hingezogen fühlt, wie sie sich zu ihm. Barbara hat einen Ausreiseantrag gestellt, also wird ihre Privatsphäre vom örtlichen Stasi-Mann und seinen Leuten verletzt. Petzold inszeniert ruhig und aus dem Detail; gedeckte Farben, stürmischer Wind, die schäbige Wohnung, das Auto, das still vor dem Fenster parkt.

Überlegte Kamerapositionen, kalkulierte Reduktion sollen hier jenen Zustand zwischen Trance und Überwachheit widerspiegeln, den das System kreierte. Doch Petzold ebnet den doppelten Boden durch dialogische Grobdeutlichkeiten und melodramatische Wendungen, die alles restlos aufgehen lassen. 22 Jahre nach dem Mauerfall mag dieser Film ein Gewinn fürs polithistorische, deutsche Thema sein, für Petzolds typisch rätselhaftes Kino aber ist er ein Verlust. (Alexandra Zawia)

Barbara

D 2012. Regie: Christian Petzold.

Mit Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Jasna Fritzi Bauer. Stadtkino. 105 Min.

Culture Clash pur

Die Fernsehserie beim Nachbarn hat mehrere Preise erhalten. Nun gibt es "Türkisch für Anfänger“ auch als Kinoversion. Wie sich die türkisch-deutsche Patchwork-Family Schneider-Öztürk tut (Antwort: schwer) und sich dann doch zusammenrauft, das versucht das Schauspielteam unter der Regie von Bora Da˘gtekin. Die 19-Jährige Lena (Josefine Preuß) muss den Macho Cem (Elyas M’Barek) samt eigener Mutter und dessen Vater auf eine Reise mit Hindernissen ertragen … (red)

Türkisch für Anfänger

D 2012. Regie: Bora Da˘gtekin.

Mit Josefine Preuß, Elyas M’Barek, Adnan Maral. Constantin, 105 Min.

Indien für Bestager

Indien kennen sie nur von Rudyard Kipling, aber die Finanzen haben ihnen keine Wahl gelassen: In "Best Exotic Marigold Hotel“ sieht sich eine Handvoll britischer Senioren gezwungen, einen Lebensabend in einer angeblichen Luxus-Seniorenresidenz in Mumbai ins Auge zu fassen. Doch das Hotel stellt sich als veritable Bruchbude heraus, ohne Strom, fließend Wasser und Telefon. Während die einen jammern - Die Hitze! Das komische Essen! Die knalligen Farben! Der Lärm! - machen sich die anderen mangels Alternativen auf, sich dem Abenteuer Indien zu stellen, entdecken ein üppiges Land voll reizvoller Gegensätze, und auch an sich selbst ganz neue Seiten: John Madden ("Shakespeare in Love“) verfilmt den Bestseller von Deborah Moggach auf charmante und kurzweilige Weise, mit Hauptdarstellern, die das Indienabenteuer fast so sehr zu genießen scheinen wie ihre Figuren. Zwar lösen sich am Ende alle Konflikte etwas zu friktionsfrei in Wohlgefallen auf. Das macht aber nichts - das "Best Exotic Marigold Hotel“ ist eben ein Ort der Erholung. (Magdalena Miedl)

Best Exotic Marigold Hotel

GB 2012. Regie: John Madden. Mit Judi Dench, Bill Nighy. Centfox. 123 Min.

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