Werbung
Werbung
Werbung

Hinter gutbürgerlicher Fassade

Zu jedem Geburtstag kommt eine getrocknete Blüte im Bilderrahmen. Jedes Jahr, heuer zum 40. Mal. Henrik Vanger, 82-jähriger Patriarch einer Industriellenfamilie, wird damit ans spurlose Verschwinden seiner Nichte erinnert – und er hat genug: Er will mit Hilfe des Aufdeckerjournalisten Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist) den Fall wieder aufrollen und endlich klären. Die Computerhackerin Lisbeth Salander (Noomi Rapace) hilft ihm auch dabei, und stößt bei ihren Recherchen auf dunkle Geheimnisse, auf sexuellen Missbrauch, auf Gewalt. Autor Stieg Larsson gelang mit seiner „Millennium“-Romantrilogie ein weltweiter, postumer Erfolg. Insgesamt zehn Bände wollte er schreiben, nur drei sind es geworden, bevor er 2004 starb. Jetzt ist mit „Verblendung“ das erste Buch verfilmt worden. Tief hinab in menschliche Abgründe führt es, zeigt die Perversionen hinter den gutbürgerlichen Fassaden, eine Welt ohne Moral. Der dänische Regisseur Niels Arden Oplev hat den 700-Seiten-Roman auf Spielfilmlänge verdichtet. Es gelingt ihm, die wichtigsten Handlungsstränge zu erhalten und keine Figur zu vernachlässigen. Das allein schon ist ein Kunststück.

(Matthias Greuling)

Verblendung (Män som hatar kvinnor)

S/DK/D 2009. Regie: Niels Arden Oplev. Mit Michael Nyqvist, Noomi

Rapacer. Verleih: Polyfilm. 152 Min.

Maus & Co am Bauernhof

Mullewapp ist die Verfilmung der gleichnamigen Kinderbücher von Helme Heine. Mäuserich und Möchtegern-Filmstar Johnny Mauser kommt auf den Bauernhof Mullewapp, wo der Aufschneider seinen kleinen Körperwuchs mit großen Sprüchen kompensiert. Die Tiere am Bauernhof schenken seinen großen Tönen aber Glauben und schicken ihn gemeinsam mit Schwein Waldemar und Hahn Franz los, um das vom Wolf entführte Lämmchen zu finden. Das ungleiche Trio muss nun wohl oder übel fest zusammenhalten, um die wartenden Gefahren zu überstehen. Die sehr einfache, aber warmherzig und spannend gefasste Geschichte erzählt von kleinen und größeren (Maul-)Helden, von Vertrauen, Mut und Freundschaft. Mit einfacher Bilderbuchästhetik bleibt immer die Geschichte selbst im Vordergrund. Die gut ausgearbeiteten Charaktere sind auch für Erwachsene amüsant und für die Kinder bietet der Film wohl alles, was zu einem spannenden Kinonachmittag dazugehört.

Mullewapp – Das große Kinoabenteuer der Freunde

D/I/F 2009. Regie: Tony Loeser.

Verleih: Lunafilm. 77 Min.

Skurrile Odyssee

Der richtige Platz zum Leben ist so leicht nicht zu finden: Neben der völlig überdrehten New-Age-Tante findet er sich wohl nicht und nicht neben der Ex-Chefin mit dem derben Humor. Mit „Auf nach Irgendwo“ beweist „American Beauty“-Regisseur Sam Mendes, dass er es versteht, auch im Indie-Fahrwasser Akzente zu setzen: Burt (John Krasinski) und Verona (Maya Rudolph), beide Anfang 30, sind glücklich, auch wenn sie ihn nicht heiraten will und beide nicht erwachsen im Leben stehen. Als Verona schwanger wird, hofft das Paar auf die Unterstützung von Burts Eltern. Doch die haben eigene Pläne: Sie wollen auswandern. Orientierungslos besucht das Paar nun Freunde und Verwandte quer durch Nordamerika, in der Hoffnung, den idealen Platz zum Leben zu finden. Diese Suche entpuppt sich jedoch als Odyssee voll skurriler Begegnungen. Der Film kommt angenehm unprätentiös daher, setzt auf sanfte Töne und leise Komik. Im Kontrast zum leichtfüßigen Grundton aber wirkt manche Figurenzeichnung zu dick aufgetragen. Die Kunst Mendes besteht wohl darin, diese Sequenzen nicht fremdkörperhaft wirken zu lassen. (Sandra Nigischer)

Auf nach Irgendwo (Away we go)

USA 2009. Regie: Sam Mendes. Mit John Krasinski, Maya Rudolph, Maggie

Gyllenhaal. Verleih: Tobis, 98 Min.

Es gibt gute und böse Menschen …

„Crossing Over“, endlich rü berkommen, ist an der kalifornisch-mexikanischen Grenze permanentes Tagesthema. Regisseur Wayne Kramer, 1965 in Südafrika geboren, kämpfte jahrelang, bis 2000, selbst um die US-Staatsbürgerschaft. Autobiografisch motiviert ist also sein multiperspektivischer Film über eine Handvoll Einwanderer – eine australische Schauspielerin, ein britischer Musiker, ein koreanischer Teenager, eine muslimische Familie – und ihre behördlichen Widersacher. Nur mit dem Filmtitel hat dies beinahe nichts zu tun. Sicher, da ist der frustrierte Spezialagent Max Brogan, gespielt vom 67-jährigen Harrison Ford, der bei „illegalen“ mexikanischen Müttern großes Herz beweist. Ansonsten verwebt Kramer das Hoffen auf Arbeitserlaubnis und Einbürgerung in einer Abwandlung von Paul Haggis’ „L.A. Crash“ zu künstlich (oder war’s zufällig?) verbundenen, oberflächlichen Geschichten. Cliff Curtis als zwiespältiger Immigration-Officer spielt das Star-Ensemble mit Ashley Judd und Ray Liotta locker an die Wand. Allein, wozu? Man lernt hier nichts über das Post-9/11-Amerika, sondern erfährt bloß einmal mehr, dass es gute und böse Menschen gibt. Auf beiden Seiten. (Alexandra Zawia)

Crossing Over

USA 2009. Regie: Wayne Kramer. Mit Harrison Ford, Ray Liotta, Ashley Judd,

Cliff Curtis. Verleih: Senator. 113 Min.

Liebesglück, Liebesleid

In Marc Webbs romantischer Komödie „(500) Days of Summer“ geht es nicht um den Sommer, sondern um eine junge Frau gleichen Namens (Zooey Dechanel). Erzählt wird im Grunde eine typische „Boy meets Girl“-Geschichte, für Frische sorgt aber ein achronologischer Aufbau. Denn der junge Tom (Tom Hansen), aus dessen Perspektive Webb weitgehend erzählt, springt in der Erzählung seiner Beziehung zu Summer in nummerierten Kapiteln beliebig zwischen den Tagen „eins“ und „fünfhundert“ und damit auch zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt hin und her.

Zur Belebung des formelhaften Plots tragen auch wesentlich die lustvoll aufspielenden Schauspieler sowie viele verspielte und liebevolle Regieeinfälle bei. In Splitscreen werden so witzig die Erwartungshaltung Toms und die Realität einander gegenübergestellt oder in nachinszenierten Schwarzweißfilmen, die er im Kino sieht, seine triste psychische Verfassung nach außen gekehrt. Und aufgepeppt wird das Ganze mit einem exzellenten Soundtrack mit jeder Menge Indie-Pop. Nichts Großes ist so diese Komödie, die gekonnt auch über Zufall und Schicksal reflektiert, aber ein Film, der mit seiner Einfallsfreude im Detail einigen Charme und Witz versprüht. (Walter Gasperi)

(500) Days of Summer

USA 2009. Regie: Marc Webb. Mit Joseph Gordon-Levitt, Zooey Deschanel, Geoffrey Arend, Chloe Moretz. Verleih: Centfox. 95 Min. Ab 23.10.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung