Flexible Arbeit bringt Sicherheit

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In Sachen neue Arbeitsmarkt-Modelle hat der Norden Europas ganz klar die Nase vorn. Vor allem Dänemarkt gilt als Flexicurity-Vorreiter.

Das große Thema der diesjährigen Alpbacher Wirtschaftsgespräche war zweifelsfrei Flexicurity. Für die einen "der" Weg, um langfristiges Wirtschaftswachstum zu sichern, für andere nur eine weitere Spielart neoliberaler Wirtschaftspolitik. Die Wortkreation Flexicurity besteht - wie unschwer zu erkennen ist - aus den Worten Flexibility und Security.

Grundsätzlich steht in einem Flexicurity-Arbeitsmarktmodell einfache und flexible Möglichkeiten, Mitarbeiter zu kündigen und anzustellen, einem hohen Grad an Sicherheit gegenüber. Und genau hier tut es einigen schon weh, denn Kündigungsschutz gibt es beim Flexicurity-Modell eigentlich nicht mehr, dafür sind die Ausgleichszahlungen, wenn man seine Arbeit verliert, um einiges höher als in "herkömmlichen" Arbeitsmärkten.

Musterschüler Dänemark

Das europäische Musterbeispiel für Flexicurity ist Dänemark, das seit Jahren über eine niedrige und stabile Arbeitslosenquote verfügt. Flexible so genannte "Hire & Fire"-Regelungen sind aber in dem skandinavischen Land nichts Neues. Bereits in den 1970er Jahren bis in die frühen 1990er Jahre verfügte Dänemark ebenfall über Gesetze, die es den Betrieben leicht machten, sich von Mitarbeitern zu trennen, und auch damals gab es bereits großzügige Kompensationszahlungen von Seiten des Staates. In der beschriebenen Periode war aber nicht die Rede vom Musterschüler Dänemark, sondern eher vom Krisenland, denn die Arbeitslosenrate erreichte Spitzenwerte um die zehn Prozent.

Dänemarks Beispiel zeigt, dass nicht allein die Lockerung von Kündigungsschutz-Regeln und dergleichen in Kombination mit hohen Ausgleichszahlungen zu einer stabilen, niedrigen Arbeitslosenquote führen. Erst Reformen in den 1990er Jahren, die den passiven Arbeitsmarkt zu einem aktiven gemacht haben, führten zur Wende. Dies bedeutet, dass es im Vergleich zu den Jahren mit hoher Arbeitslosenrate und hohen staatlichen Leistungen schwieriger wurde, Ausgleichszahlungen im Falle der Arbeitslosigkeit zu bekommen, und auch die Dauer der Auszahlung verringerte sich. Zusätzlich wurden dem Sozialsystem so genannte "workfare"-Elemente zugefügt, das bedeutet, dass Sozialleistungen teilweise mit einer Pflicht zur Arbeit verbunden wurden.

Das Prinzip, dass ein Staatsbürger Rechte und Pflichten hat, wurde eingeführt, so konnte man in Dänemark vor den Reformen durch die Teilnahme an Schulungen eine weitere Periode an Arbeitslosengeld beziehen, bis wieder eine Schulung fällig wurde. Diese Möglichkeit wurde verkürzt und man fällt nun früher vom Arbeitslosengeld auf das niedrigere Niveau der Sozialhilfe. Heute hat ein dänischer Staatsbürger das Recht auf monetäre Unterstützung seitens des Staates, wenn dieser im Gegenzug aktiv nach einer neuen Arbeit sucht. Gleichzeitig hat die Gesellschaft das Recht, Leistungen von einem Bürger zu verlangen, wenn dieser Geld vom Staat bekommt, aber auch die Pflicht, die Arbeitsmarktsituation zu verbessern.

Das dänische Wohlfahrtssystem baut auf hohe Steuereinnahmen auf, anders wäre es nicht zu finanzieren. Das bedeutet aber auch, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung arbeiten muss, um dieses Steueraufkommen zu garantieren. In anderen Worten: Der dänische Wohlfahrts-Staat legt den Fokus auf Beschäftigung.

Dass der Norden Europas in Sachen Flexicurity die Nase vorne hat, zeigt sich in der Einladungspolitik. Neben den Vertretern aus Dänemarkt war auch Anna Ekström, Vorsitzende der Zentralorganisation Schwedischer Akademiker (Gewerkschaftsverbund), bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen. Sie unterstrich, dass ein funktionierendes Flexicurity-System Wachstum braucht und auch Wachstum schafft. Noch grundsätzlicher hat es Hans Skov Christensen, Generaldirektor der Confederation of Danish Industries, ausgedrückt: "Man muss sich entscheiden, ob man ein Land mit hohen oder niedrigen Lohnkosten sein will." Beides ginge seiner Meinung nach nicht. Und das Problem wurde auch deutlich von Brigitte Ederer, Vorstandsvorsitzende von Siemens Österreich, am letzten der Tag der Wirtschaftsgespräche angesprochen. Natürlich will Ederer Fertigungsbetriebe in Österreich halten, doch sie steht im direkten Wettbewerb mit Firmen in Rumänien, die zu ihrer eigenen Organisationseinheit gehören.

Nordische Vorreiter

Ekström plädierte dafür, dass Flexibilität am Arbeitsmarkt nicht nur für Betriebe positiv ist. Sicherlich redet man immer davon, dass Unternehmen geschlossen werden und Mitarbeiter ihre Arbeit verlieren. Aber es werden auch neue Firmen gegründet und Menschen neu angestellt, dieser Teil der Geschichte bleibt viel zu oft unbeleuchtet. Die Expertin ist überzeugt, dass es nicht nur für niedrig qualifizierte Menschen künftig schwierig werden wird, in modernen Arbeitsmärkten eine Stelle zu finden, auch hoch qualifizierte Angestellte werden Probleme haben. "Ein Röntgenbild ist genauso schnell von einer Abteilung eines Krankenhauses in eine andere verschickt wie von Schweden nach Österreich."

Das Wort Flexibilität ist also in einem breiteren Kontext zu betrachten. Ekströms Worte zum Thema Sicherheit sind kritisch, sie merkt an, dass das Sicherheitsnetz in einem Flexicurity-Modell vielmehr ein Trampolin ist. Der Druck auf Arbeitslose wieder Arbeit zu finden ist groß, das heißt, dass man durchaus in Erwägung ziehen muss, die Branche zu wechseln oder in eine andere Stadt zu ziehen. Noch nicht für alle in Österreich vorstellbar, wenn Unternehmer von Vorarlberg bis nach Wien fahren, um Mitarbeiter anzuwerben, und das oft nur dann gelingt, wenn sie mit der Option werben, dass man nur eine gewisse Zeit im "Ländle" leben muss, bis man in die Niederlassung nach Wien wechseln kann.

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