Folterer und Fotografen

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Auf dem ersten Video sind ein paar gut gelaunte amerikanische Soldaten zu sehen, die in Abu Ghraib irakische Gefangene wie Hunde an der Leine führen, sie zu sexuellen Handlungen nötigen und auf jede erdenkliche Weise quälen und demütigen. Das zweite Video zeigt drei Freistädter Schüler zwischen 13 und 16 Jahren, wie sie sich gerade dabei vergnügen, eine Zwölfjährige, die ihnen in ihrer Berauschung wehrlos ausgeliefert ist, zu missbrauchen.

Die Bilder aus Abu Ghraib haben die Weltöffentlichkeit erschüttert und darüber belehrt, wie der Krieg im Irak geführt wird. Wir verdanken diese Aufklärung nicht mutigen Reportern, die in die geheimen Verliese der Besatzungsmacht vorzudringen wussten, sondern jenen selbst, die die Gefangenen drangsalierten. Folterer und Fotografen waren dieselben, und so wenig sie als Fotografen ein Verbrechen aufdecken wollten, so wenig haben sie als Folterer ihr Tun geheim zu halten versucht.

Die Freistädter Fotos sind ohne weltpolitischen Belang und nicht von vergleichbarer Brutalität, aber der Abgrund, der sich auftut, ist derselbe. Auch die drei Jugendlichen haben ihre Schandtat nicht vertuschen, sondern deren Dokumentation via Handy ihrer kleinen Öffentlichkeit von Freunden und Gefährten übergeben wollen. Man könnte sogar vermuten, die Aufnahmen, die sie von ihrem sexuellen Übergriff machten, wären dessen wahrer Anlass gewesen. Denn die Gewalttat alleine reicht nicht aus; sie medial zu präsentieren und sich selbst in der Pose des Mächtigen zu zeigen, erst das ist der Reiz der Sache. Trachteten Übeltäter früher, keinen Zeugen zu haben, gilt es ihnen heute, möglichst viele Zuschauer zu finden. Gerade um damit medial reüssieren zu können, wird das Verbrechen verübt. Der Spaß an Folter und Nötigung, besteht in Zeiten des Internet darin, dass man auch andere daran teilhaben lassen kann.

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