Forscherin mit Tiefblick

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Dass Sabine Ladstätter einmal Archäologin werden will, wusste sie bereits im zarten Volksschulalter. Ein Besuch der Ausgrabungen am Kärntner Magdalensberg weckte in ihr die Faszination für im Erdreich verborgene historische Geheimnisse. Heute ist sie die wohl bekannteste Archäologin des Landes. Ladstätters Verdienste um ihre Disziplin, ganz besonders ihre Fähigkeit diese einem interessierten Publikum näher zu bringen, wurden nun vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten ausgezeichnet. Seit Montag ist die 43-jährige Klagenfurterin offiziell "Wissenschafterin des Jahres 2011“.

Ladstätter studierte an der Grazer Karl-Franzens-Universität Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Altertumskunde. Erste Meriten als Forscherin verdiente sie sich in ihrer Funktion als Grabungsleiterin auf dem Hemmaberg in Kärnten. Als "unvergesslichen Moment“ bezeichnet sie die Entdeckung der vierten und fünften Kirche in der spätantiken Siedlung gemeinsam mit ihrem Mentor Franz Glaser. Bezeichnenderweise nannte Ladstätter ihre heute 7-jährige Tochter Hemma. 1997 promovierte sie summa cum laude an der Universität Wien. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle Archäologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) beschäftigte sie sich mit der Aufarbeitung der spätantiken Funde aus dem Legionslager Carnuntum. Später koordinierte sie die Keramikforschung in Ephesos.

Seit 1. Oktober 2009 bestimmt Ladstätter als Direktorin die Geschicke des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI). Diese Forschungseinrichtung untersteht direkt dem Wissenschaftsministerium und repräsentiert gleichsam die Speerspitze heimischer Archäologie. Ladstätters Bestellung in diese Position waren unschöne Intrigen einiger Vertreter der alteingesessenen, männlichen Führungsriege des ÖAI vorausgegangen. So wurde versucht einen Strick daraus zu drehen, dass Ladstätters Vater Obmann des Kärntner Abwehrkämpferbundes ist. Auch ihr vergleichsweise jugendliches Alter, wurde von Neidern - erfolglos - gegen sie ins Spiel gebracht. Stets unantastbar blieb jedoch Ladstätters fachliche Kompetenz.

Wichtigstes Projekt des ÖAI sind die Grabungen im türkischen Ephesos. Eine Forschungsunternehmung von internationaler Dimension, die seit 116 Jahren unter österreichischer Ägide steht. Im vergangenen Jahr arbeiteten 216 Experten aus 16 Ländern in dem historischen Areal. Seit April 2010 leitet die Wissenschafterin die Grabungen parallel zu ihrer Tätigkeit als ÖAI-Chefin. Ladstätter repräsentiert eine junge Archäologie, die sich als moderne Forschungsdisziplin versteht.

Sie legt großen Wert auf Teamarbeit, hat nichts für Einzelkämpfer übrig. Dies ist umso wichtiger, als die Archäologie zunehmend mit anderen, auch natur- und ingenieurswissenschaftlichen, Disziplinen kooperiert. So wurde in Ephesos unlängst ein großes Areal bislang unentdeckter Monumentalbauten entdeckt. Dabei kamen geophysikalische Methoden wie Magnetik und Radar zum Einsatz, mit denen die Grundrisse der Gebäude ohne Grabung von der Oberfläche aus identifiziert wurden. Bei der Darstellung von Forschungsergebnissen setzt Ladstätter neben klassischen Publikationen verstärkt auf den Einsatz digitaler Medien. Ein viel beachtetes Beispiel dafür ist die virtuelle 3D-Rekonstruktion des Hadrianstempel in Ephesos, die man im Linzer Ars Electronica Center bewundern kann.

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