Fotografische Vielfalt

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Die Ausstellung "Foto.Kunst" der Sammlung Essl zeigt den Schnappschuss als Kunstwerk.

Es ist schon eine Kunst, aus einem Schnappschuss ein Kunstwerk zu machen. Gerade in Zeiten, in denen die Technik scheinbar jedem so genannten Normalverbraucher vollautomatische Kameras zur Verfügung stellt, die selbstständig die richtige Belichtung wählen und sich auch darum kümmern, dass alle Konturen scharf gezeichnet sind, scheint das Postulat von Joseph Beuys, jeder Mensch sei ein Künstler, jedes Wohnzimmer erreicht zu haben. Sollte trotzdem noch eine Unreinheit die Meisterschaft des Hobbykünstlers trüben, lässt sich diese mittels digitaler Bearbeitungsmöglichkeiten relativ leicht aus dem Weg räumen. Ist es also wirklich eine Kunst, aus einem Schnappschuss ein Kunstwerk zu machen?

Die aktuelle Ausstellung mit fotografischen Werken aus der Sammlung Essl geht dieser Frage mit den Mitteln einer Präsentation und eines exzellenten Begleitkatalogs nach. Als die Fotografie sich anschickte, der Malerei als künstlerisches Ausdrucksmittel Konkurrenz zu machen, musste sie ständig ihren Kunststatus prinzipiell begründen. Man Ray, der Maler, der als Fotograf berühmt geworden ist, drehte daher die Anfrage rhetorisch geschickt um zur Gegenfrage: "Ist Kunst Fotografie?" Gerade der Umstand, dass Kunstschaffende, die sich vornehmlich als Maler, Bildhauer, Konzeptkünstler oder Aktionskünstler verstanden, die Fotografie zu einem ihrer wichtigsten Werkzeuge erklärt haben, verhalf ihr zu einer breiten Anerkennung als Kunstsparte.

Verschiedene Ansätze

Für einige standen dabei die dokumentarischen Möglichkeiten im Mittelpunkt, wenn es zum Beispiel darum ging, eine Performance für diejenigen festzuhalten, die gerade nicht anwesend waren, für andere bot die Fotografie innerhalb ihrer genuinen Möglichkeiten ein perfektes Experimentierfeld. Aus diesen beiden Zugängen leitet die Ausstellung jene Verfeinerungen ab, die in sechs Gruppen Einsatzfelder der zeitgenössischen Fotografie strukturell zusammenfasst. Die kuratorische Hilfestellung versinkt aber nicht in eine aufgesetzte Pädagogik, sondern nimmt sich gleichzeitig zurück und durchbricht die Gefahr einer Schubladisierung. Ablesbar zum Beispiel daran, dass Künstlerpersönlichkeiten nicht nur in einer Kategorie auftauchen.

Darüberhinaus beginnt der Rundgang in der Kategorie "Objektiv betrachtet" mit den Arbeiten von Bernd und Hilla Becher, die zwar einerseits schlicht Fördertürme festhalten, diese dann aber in Serien präsentieren, sodass sie auch aus der Perspektive der Konzeptkunst gelesen werden können. Andere integrieren diese prinzipielle Ambivalenz jeder Fotografie direkt in die Arbeit, wenn etwa Alfons Schilling einen Bildträger mit Kippeffekt verwendet, wie man ihn von Kitschpostkarten kennt. Im kuratorischen Konzept folgen dann je zwei Untergalerien, die sich dialektisch ergänzen.

In der "Kultur-Landschaft" wird bezeichnenderweise bereits im Untertitel darauf hingewiesen, dass man hier auf Naturfotografie trifft. Die Kategorie "Innen/Außen" widmet sich den fotografischen Auseinandersetzungen mit Architektur und Stadtlandschaften. Dem Körper werden zwei Sichtweisen zugeordnet, einmal setzt er sich als "Exposed Body" fremden Blicken aus, in der "Eigen.Art" untersuchen die Kunstschaffenden die eigene Körperlichkeit auf fotografischem Wege. In der abschließenden Galerie "Geschichten.Erzählen" zeigt die Fotografie, dass sie auch narrative Qualitäten voll ausspielen kann. Das Resümee aus der Besichtigung dieser fotografischen Highlights: Es bleibt dabei, es ist schon eine Kunst, aus einem Schnappschuss ein Kunstwerk zu machen.

Foto.Kunst. Zeitgenössische Fotografie aus der Sammlung Essl

Sammlung Essl, An der Donau-Au 1, 3400 Klosterneuburg

Bis 25. 11. Di-So 10-19, Mi 10-21h

Katalog: 320 Seiten, € 35,-

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