Französisches Gefühlsund Geschichtskino

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"Frühes Versprechen": Eric Barbiers Biopic bringt das Leben und die Mutterbeziehung des Schriftstellers und Abenteurers Romain Gary ins Kino. Charlotte Gainsbourg brilliert.

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"Frühes Versprechen": Eric Barbiers Biopic bringt das Leben und die Mutterbeziehung des Schriftstellers und Abenteurers Romain Gary ins Kino. Charlotte Gainsbourg brilliert.

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Gleich 24 Millionen Euro hat die Produktion von "Frühes Versprechen" verschlungen -für europäisches Kino ein fürwahr hübsches Sümmchen. Und für Regisseur Eric Barbier ist es der erste seiner Spielfilme, der auch ins deutschsprachige Kino kommt. Die aufwändige Verfilmung des Lebens von Romain Gary sollte jedenfalls auch das heimische Arthaus-Publikum überzeugen.

Dabei ist der Protagonist hierzulande eigentlich ein unbeschriebenes Blatt: Romain Gary (1914-80) war Schriftsteller, Abenteurer, Filmemacher und Diplomat - seine Autobiografie "Frühes Versprechen" zählt für Frankreichs Schüler bis heute zur Pflichtlektüre, Albert Camus bezeichnete das Buch als einen der besten Romane über die Résistance. Gary schrieb rund 30 Romane unter fünf verschiedenen Namen, und er ist der einzige Autor, der den französischen Literaturpreis "Prix Goncourt" zweimal (mit unterschiedlichem Namen) gewann.

Romain Gary wird am Vorabend des Ersten Weltkriegs als Roman Kacew im damals russischen Wilna geboren, das ab 1921 zu Polen gehört. Seine Mutter, die Schauspielerin Nina Owczyńska, zieht mit ihm 1926 nach Warschau. 1928 kommen beide mit einem Touristenvisum nach Nizza, wo sie fortan leben. Seiner Mutter widmet Romain Gary das Buch, der Titel bezieht sich auf das Versprechen, das sie dem kleinen Roman gibt, er werde ein Genie werden.

1935 wird Gary Franzose, 1938 geht er zur Luftwaffe, 1940 flieht er zu den Truppen General de Gaulles nach England. Als Pilot der Freien Französischen Luftstreitkräfte kämpft er vor allem in Afrika, seine Mutter stirbt 1941 in Frankreich. Nach Kriegsende wird Gary französischer Diplomat, nach den ersten großen literarischen Erfolgen arbeitet er als Schriftsteller und Filmregisseur. 1963 heiratet er die 24 Jahre jüngere Schauspielerin Jean Seberg. 1969 trennt sich das Paar, weil Seberg eine Affäre mit Clint Eastwood beginnt. 1980 nimmt sich Romain Gary das Leben.

Die Verfilmung von "Frühes Versprechen" ist eine große Hommage an Garys Mutter, die Beziehung zu ihr prägt den jungen Mann - und geht aber auch über das normalerweise gesunde Verhältnis hinaus. In Wirklichkeit weiß Gary vom Tod seiner Mutter bald, im Buch und Film "zögert" er dies über das Kriegsende hinaus und imaginiert eine Korrespondenz mit seiner mittlerweile verstorbenen Mutter.

Filmemacher Barbier zeichnet in "Frühes Versprechen" ein plausibles Bild dieser Zeitläufte, er kann da vor allem auf seine Hauptdarstellerin Charlotte Gainsbourg setzen. Die mittlerweile zur Grande Dame französischer Filmkunst avancierte Schauspielerin gibt der Nina Owczyńska viel Farbe und Nuanciertheit. Dass diese Frau den Sohn beschützt und beherrscht und selbst in weiter Ferne Nähe mimt, spielt die Gainsbourg auf grandiose Weise aus.

Pierre Niney in der Rolle des Romain Gary macht seine Sache gut, bleibt aber im Vergleich zu Charlotte Gainsbourg in weniger nachhaltiger Erinnerung. Dass sich in "Frühes Versprechen", dem Roman, "Wahres und Falsches, Reales und Imaginiertes permanent verwischen", hat Eric Barbier als eine der Herausforderungen des Films benannt. Man kann ihm zubilligen, dass er diese bravourös gemeistert hat -und dass er ein realistisch-fiktionales Tableau auf die Leinwand gezaubert hat, die das üppige Budget rechtfertigt. Großes französischesGeschichts-und Gefühlskino bietet "Frühes Versprechen" allemal.

Frühes Versprechen (La Promesse de l'Aube) F 2017. Regie: Eric Barbier. Mit Charlotte Gainsbourg, Pierre Niney, Didier Bourbon, Jean-Pierre Darroussin. Polyfilm. 131 Min.

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