Freiheit durch Religion?

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Die Frage, die Walter Homolka an dieser Stelle in seiner Kolumne aufgeworfen hat: Freiheit von Religion oder Freiheit für Religion kann um eine dritte Alternative erweitert werden: Freiheit durch Religion? Religionen können Freiheit fördern, wenn sie zum Beispiel zur Freiheit von einem bestimmten Verständnis von Religion rufen und wenn sie zugleich einen freien Raum bekommen, in den sie ihre freiheitlichen Potenziale entfalten können.

Ein Verständnis von Religion als Bedienungsanleitung, die im Menschen ein unmündiges Wesen sieht, das für eine sinnvolle Lebensgestaltung auf göttliche Instruktionen angewiesen ist, steht der Freiheit des Menschen im Weg. Ebenfalls steht ein Verständnis von Religion, das von den Menschen ein bedingungsloses Unterwerfen unter politische Repression verlangt, der menschlichen Freiheit im Weg. Für so ein Religionsverständnis gilt: Freiheit von Religion.

Ein Verständnis von Religion aber, das den Stellenwert menschlicher Freiheit betont und den Glauben an Gott im Sinn einer Befreiung von jedweder Form der geistigen, sozialen und politischen Unterdrückung versteht, fördert die Freiheit des Menschen. So ein Glaube ist ein Dorn im Auge repressiver Strukturen.

Ich verstehe Säkularität im islamischen Kontext nicht im Sinn von Verbannung der Religion aus dem Leben der Menschen. Säkularität weist lediglich religiöse Machtansprüche zurück, um nicht nur die Gesellschaft vor einer für Machtinteressen instrumentalisierten Religion zu schützen, sondern um Religion einen Raum der Entfaltung zu geben. Ein Raum, in dem Religionen ihren Beitrag zur Freiheit des Menschen leisten können. Erhalten Religionen diesen Raum nicht, besteht die Gefahr, dass sie ihren Auftrag darin sehen, lediglich Macht zu erlangen. Nur Freiheit macht andere Freiheiten möglich.

Der Autor leitet das Zentrum f. Islam. Theologie an der Uni Münster

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