Freiheit, Liebe und Gleichheit

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Streitfall Dreifaltigkeit

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Streitfall Dreifaltigkeit

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Zuerst fielen mir gegen den sich abzeichnenden jüdisch-islamischen Schulterschluss ganz unchristlich ein paar Bosheiten zum Monotheismus ein: Nietzsches Frechheit „Monotonotheismus“, Jan Assmanns Vorwurf, mit dem Monotheismus sei endgültig die Gewalt in die religiöse Welt gekommen, und der Exegese neuere Erkenntnis, dass auch im Judentum sich der Monotheismus recht spät durchsetzte, so richtig wohl erst im und nach dem Exil. Aber Bosheiten sind natürlich keine Antworten.

Dann kam das dogmatische Gedächtnis: Augustins psychologische Trinitätslehre (Gedächtnis = Vater, Erkenntnis = Sohn, Wille = Heiliger Geist), natürlich das offizielle Dogma (eine göttliche ousia, „Wesen“, in drei Hypostasen, missverständlich: „Personen“) oder Karl Rahners These von der Identität der immanenten mit der ökonomischen Trinität, womit endgültig die Basis der Verständigung außerhalb der Theologenzunft verlassen ist.

Und dann fiel mir der Satz Elmar Klingers ein, ein Dogma „befähigt zum Handeln in einer Situation, die es beurteilt und die man auf seiner Basis gestalten kann“. Zu was befähigt das Dogma der Trinität?

Auch im Christentum ist Gott ein einziger. Aber es fasst den Einzigen selber plural: Er ist Vater, Sohn und Geist. Das befähigt zur Gestaltung von Differenz in Freiheit, Liebe und Gleichheit. Vielheit in Gott bedeutet Freiheit durch die Pluralität selber, sie bedeutet Liebe durch den Gottesbegriff als Verbindung dieser Pluralität und sie bedeutet schier unbegreifliche Gleichheit, wenn der wahre Mensch, der Jesus auch war, Wirklichkeit dieses einen Gottes ist.

Und wenn man die Erscheinungsweisen Gottes im Koran und in der hebräischen Bibel „hypostasieren“ würde, würde das tatsächlich Gottes Einheit und Einzigkeit sprengen? Vielleicht weisen die zehn „Seinsweisen“ der jüdischen Mystik ja der Vernunft einen sehr vernünftigen Weg über sich hinaus?

* Der Autor ist Pastoraltheologe an der Kath.-Theol. Fakultät Graz

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