Julia Csongrady hat als Großmutter von vier Kindern (13, sechs und drei Jahre sowie sechs Monate alt) beinah alle Facetten des Oma-Seins erlebt. In ihren "Großelternseminaren“ unterstützt die 62-jährige ausgebildete Kindergartenpädagogin und langjährige Erwachsenenbildnerin werdende Omas und Opas dabei, in ihre neue Rolle hineinzuwachsen.
Die Furche: Frau Csongrady, worum geht es in Ihren Seminaren?
Julia Csongrady: Es geht darum, sich mit der Großelternrolle auseinanderzusetzen, sich zu fragen, was man daraus machen will und wie das mit dem eigenen Lebensentwurf zusammenpasst. In dieser Phase nehmen ja viele die Endlichkeit des Lebens bewusster wahr.
Die Furche: Sie fühlen sich alt?
Csongrady: Ihnen wird zumindest bewusst, dass sie nun hinter ihren Kindern in der zweiten Reihe stehen. Ich versuche deshalb, den Blick auf die eigenen Ressourcen zu richten und Freude an dieser neuen Rolle zu wecken. Es ist ja eine ganz besondere, positive Beziehung, die zwischen Enkelkindern und Großeltern entstehen kann.
Die Furche: Was ist das Besondere an dieser Rolle?
Csongrady: Zunächst einmal, dass Großeltern die Familientradition weitertragen. Es ist ja interessant, dass Omas und Opas mit ihren Enkelkindern oft viel leichter über Familiengeschichten reden können als mit ihren eigenen Kindern. Vor allem aber gehört zu dieser Beziehung Gelassenheit. Die Eltern sind ja gleichsam hauptamtlich für die Erziehung zuständig und stecken selbst mitten im Beruf. Das verstellt ihnen nicht selten den Blick dafür, was ihre Kinder wirklich brauchen. Die Großeltern können hingegen ein Ruhepol im Alltag der Kinder sein und ihnen Verschnaufpausen gönnen.
Die Furche: Manche bevorzugen es, sie zu verwöhnen und mit Geschenken zu überhäufen, vor allem dann, wenn es mehrere Großeltern und wenige Enkel gibt...
Csongrady: Sich Zuneigung erkaufen zu wollen, ist äußerst problematisch. Es sollte eher darum gehen, Zeit mit den Kindern zu verbringen, vorzulesen, zuzuhören, etwas Gutes zu kochen, gemeinsam in den Wald zu gehen. Kinder wollen Raum haben, ernst genommen werden. Diese Bedürfnisse können Großeltern erfüllen.
Die Furche: Was ist, wenn Großeltern diesen Erwartungen nicht entsprechen können oder wollen?
Csongrady: Dann sollten sie das in klaren Ich-Botschaften aussprechen. Man wird ja punkto Kinderbetreuung sehr schnell in die Pflicht genommen. Aber es geht auch um den eigenen Lebensentwurf: Nur wenn man das Gefühl hat, ein einigermaßen ausgefülltes Leben führen zu können, kann man selbst auch Vorbild sein.
Die Furche: Was sollten Großeltern tun, wenn es zwischen ihnen und ihren Kindern Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Erziehung der Enkel gibt?
Csongrady: Sie sollten sich jedenfalls nicht aufdrängen, denn damit erreichen sie meist das Gegenteil. Aber ich halte auch nichts davon, alles schweigend hinzunehmen. Es geht eher darum, eigene Wahrnehmungen in wertschätzendem Ton - und keinesfalls vor den Kindern! - zu schildern. Aber klar ist, dass die veränderte Rollenverteilung auch zu Spannungen führt: Die bisherigen Kinder, die nun Eltern sind, wollen oft auf keinen Fall so erziehen, wie sie selbst erzogen wurden. Und die Großeltern haben viel Erfahrung, sehen rückblickend aber auch ihre Fehler. In einem meiner Kurse hat etwa eine Mutter ihrem Vater unter Tränen vorgehalten, dass er mit ihr nie am Boden herumgerutscht und Eisenbahn gespielt hätte, wie er es nun mit seinem Enkel gut. Er hat darauf nur gesagt: "Mein Gott, ich habe halt wirklich etwas versäumt!“
Das Gespräch führte Doris Helmberger
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